Seite lädt...

Allgemein

Der Acker-Revolutionär

teilen

Titus Bahner und die „Neue Allmende“ als Zukunftsmodell für Öko-Landwirte

Es gibt viele Probleme, die den Landwirtschaft betreibenden Menschen das Leben aktuell schwer machen – der Klimawandel oder die Notwendigkeit, mit mehr Ertrag wettbewerbsfähig zu bleiben. Und vielleicht zu allererst: Bodenpreise, mit denen ein Wachsen des Betriebes nicht möglich ist, da sie sich in realistischen Zeiträumen grundsätzlich nicht durch die Ernteerträge finanzieren lassen.

Titus Bahner

Eine Lösung für einige dieser Probleme hat Titus Bahner aus Hitzacker im Gepäck. Vor einigen Jahren hat der promovierte Agrarökonom mit einigen Weggefährten aus dem gesamten Bundesgebiet die Kulturland-Genossenschaft gegründet – und die hat es sich zur Aufgabe gemacht, zum Verkauf stehendes Ackerland zu erwerben und wiederum an (ausschließlich ökologisch wirtschaftende) Betriebe zu verpachten. Die Besonderheit: „Wir kaufen nur auf Anfrage Land“, erklärt Bahner das System, das anhand eines Beispiels plastisch wird.

Ein typischer Fall: Ein Bauer bewirtschaftet gepachtetes Land, dessen Besitzer verstirbt – und die Nachkommen möchten das Land eben nicht weiter an den kleinen Öko-Landwirt verpachten, sondern verkaufen, da die Preise enorm hoch sind. Der Pächter kann sich das jedoch nicht leisten, ein Hektar Land kostet im Bundesschnitt etwa 27.000 Euro – in Niedersachsen bedeutete der Preis im Jahr 2021 eine Steigerung von bis zu sieben Prozent zum Vorjahr. So viel Getreide, Mais, Kartoffeln lassen sich nicht anbauen, als dass sich solche Summen rechnen. Und an dieser Stelle kommt Kulturland ins Spiel. Der Landwirt kann sich an die Genossenschaft wenden und eine Kaufanfrage stellen. Kulturland prüft – und setzt dabei insbesondere auf das Prinzip „Nähe“.

Denn: Die meisten Genossenschaftler sind Bekannte der Betriebe – Nachbarn, Freunde, Kunden – Menschen, die wissen möchten, wo ihre Produkte herkommen. „Es geht um den Kontakt der Betriebe zu den Menschen, für die sie arbeiten“, erklärt Bahner und formuliert hieraus die Vision, die hinter Kulturland steht: „Wir drehen an den Schräubchen im Eigentumssystem“, sagt Bahner und charmante, rebellische Hoffnung blitzt in seinen Augen. Denn, in der Tat: Die Idee hinter Kulturland ist eben nicht, dass stets der höchste Preis den Marktwert und den Zuschlag bestimmt, sondern eine gemeinsame Überzeugung valide Marktfaktoren sind. Die Menschen kommen zu den Gütern, die menschliche Verbindung zählt und Pächter und Verpächter „kommen beide in einen Geber-Modus“ erklärt Bahner, der vor drei Jahrzehnten ins Wendland kam und selbst viel handwerklich auf Bio-Betrieben arbeitete. Es ist das Prinzip der „Neuen Allmende“, die auf eine Form gemeinschaftlich genutzten Boden Eigentums aus dem Mittelalter Bezug nimmt. Spannend dabei: Gebäude – also Höfe im eigentlichen Sinne – oder eben bewegliche Güter, sind nicht für den genossenschaftlichen Kauf vorgesehen, es geht stets nur um das zu bewirtschaftende Land, das einer Form von neuer Gemeinschaft dienen soll.

Die Idee einer Genossenschaft für agrarische Weiterentwicklung ist nicht neu, beispielsweise gibt es BioBoden, die ähnliches, allerdings in größerem Ausmaß, tun. Und doch: Bahner und seine Mitstreiter sind Acker-Revolutionäre, die sowohl den Bio-Landwirten der Regionen eine sichere Zukunft ­ermöglichen, als auch eine eher gemeinschaftsfreundliche Form von Boden-Eigentum fördern wollen – und damit ebenso besonnen wie optimistisch Neues schaffen. Und natürlich immer auch mit Kritik umgehen können müssen, ist doch das „Eigentum“ – die eigene Scholle – als Kernelement landwirtschaftlichen Seins hierzulande traditionell ein großer Wert, den sich „die Bauern“ historisch betrachtet auch erst hart als Widersacher ihrer Lehnsherren erkämpfen mussten.

Kulturland, das sagt Bahner auch: „Ist kein Rezept, das für alle stimmt“. Aber für viele(s) ein guter Anfang.

[Janina Fuge]

Tags:
Nächster Artikel

Das könnte Dich auch interessieren