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Feuilleton

Zauber der Nuancen und Farben

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Klänge zwischen Beethoven und Paganini, Mozart, Skrjabin und Rachmaninow beim 1. Akademiekonzert

Gewitter und Regen hatten die Zuhörer nicht abhalten können, beim ersten Akademiekonzert der Sommerakademie dabei zu sein. Und auch wenn in den ersten Satz von Mozarts Klavierquartett die Oldenstädter Feuerwehrsirene heulte, man in der Pause nur mit Schirm ans alkoholische Getränk zu gelangen vermochte – die musikalischen Darbietungen, die ersten Lernerfolge, hatten das Kommen gelohnt.

Und so hatte Gründer und künstlerischer Leiter Hinrich Alpers allen Grund, sich zu bedanken: Bei allen Unterstützern. „Die Zahl der Teilnehmer macht uns glücklich, aber auch sehr viel Arbeit“, sagte er. Zudem war an zwei unermüdliche ehrenamtliche Helfer zu erinnern: Maren Henk, die die ganzen 15 Jahre mitgearbeitet hatte, starb im April nach langer Krankheit. Und am Tag des Konzerts erhielten die Veranstalter die Nachricht, dass Hans-Jürgen Wandtke ebenfalls nicht mehr an den Töpfen in der Küche stehen würde, was er verlässlich fünf Jahre getan hatte. Die mit Blumen und einer Kerze geschmückten Bilder der Beiden halten zumindest für diese Sommerakademie die Erinnerung wach.

Die schwere Bürde des Beginnens oblag dann Asier Oroz Mendiola. Sein Spiel der Sonate-Fantaisie gis-moll op. 19 von Alexander Skrjabin verlieh diesem Artikel die Überschrift: Der 22-jährige Spanier entfaltete die zwei Sätze, Andante und Presto, voller Zauber in Nuancen und Farben. Der Komponist selbst hatte erklärt, er sei durch das Meer zu seinen Noten inspiriert worden. Er erlebte es offenbar als glitzernde, ruhige Fläche und als tosend-aufgewühltes Element. Man darf die Partitur durchaus in die Nähe des Impressionismus rücken.

Fiona Zhonghan Chen

Shuri Soga

Applaus für die Professoren Stephan Picard und Hinrich Alpers

Die folgende Violinsonate G-Dur op. 96 von Ludwig van Beethoven hatten sich die beiden Professoren Stephan Picard und Hinrich Alpers aufs Pult gelegt. Es ist kein heroischer Beethoven, der die zehnte Violinsonate 1812 schrieb. Keine vordergründigen Effekte, keine konzertante Virtuosität – dafür verinnerlichte Poesie, introvertierte Musik mit vielfältig abgestuften Pianograden. Man erahnt Schubert und denkt an des Komponisten viertes Klavierkonzert.

Stephan Picard ist ein Violinist zum Anbeten, das Adagio von Satz zwei zum Niederknien, der vierte Satz mit Kadenzcharakter und 32-tel Läufen voller mitreißendem Schwung. Freundlich wiegende Melodiebögen dazu. Hinrich Alpers am Flügel blieb an seiner Seite. Insgesamt ein Hörgenuss!

Für Atemlosigkeit sorgte danach Fiona Zhonghan Chen. Die 21-jährige Chinesin spielte die Caprice a-moll op. 1 von Niccolò Paganini. Die letzte der 24 Capricen gilt als eins der schwierigsten Stücke, das für Solovioline geschrieben wurde. Die spieltechnische Leistung war dann auch phänomenal, die erforderte schnelle Wechsel über viele Intervalle, extrem schnelle Tonleitern, hohe Lagen, Doppelgriffe und Pizzicati in der linken Hand. Publikum und Mitstudenten:innen bejubelten den Vortrag völlig zu Recht.

Nach der Pause erspielte sich Shuri Soga mit den Corelli-Variationen von Sergej Rachmaninow op. 42 ganz bestimmt zahlreiche Sympathien, auch wenn er die Anzahl der Variationen (20) halbierte. Mit entschleunigter Präzision in den langsamen Passagen, selbstbewusst und entschlossen, gar mit großer sinfonischer Geste, hinterließ der 25-jährige Japaner einen tiefen Eindruck.

Zum Abschluss des Konzerts wechselten die Besetzung der Instrumente bei Mozarts Klavierquartett g-moll KV 478 mit den Sätzen durch. Die Geige strichen Kosima Shirazi (22/Dt.), Yumeng Fu (16/China) und Marie Sophie Thiele (20/Dt.). An der Bratsche saßen Ziqi Mo (21/China) und Sona Turabyan (26/Armenien). Den Violincello-Part behielt für alle drei Sätze die kammermusikalische Partnerin, Dozentin Antonaeta Emanuilova. Am Klavier saß zunächst Professorin Sheila Arnold, für den dritten Satz war Josè Borges (24/Portugal) präpariert.

Es mag sein, dass an manchen Stellen die Minuten der Sätze zu einer Reihung mehr oder weniger intensiver Momente zerbröselte. Kammermusiker sollen ja, sagen Mediziner und so zeigen es Tests, die gleiche Herz- und Atemfrequenz haben beim Spielen. Bei diesen Quartett-Formationen war es noch nicht ganz so weit – dafür waren einige viel zu aufgeregt -, aber ein aufeinander Hören unübersehbar. Und am Ende gelang das Rondo in schöner Eleganz. Verdienten Beifall nach 120 Konzertminuten gab es für alle Akteure am Ende.

Barbara Kaiser – 22. Juli 2024

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