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Mit Witz und Eleganz

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Drittes Akademiekonzert mit neuen Noten und Altbewährtem

Das Konzert endete mit Bravo-Rufen, die unbedingt zu reportieren sind. Dieses Schubert-Quintett ist aber auch unwiderstehliche Musik. Und wenn die dann noch so romantisch verschwungen und emotional geladen vorgetragen wird, wenn die Eleganz mit einem verführerischen Charme einhergeht, dann kann man nur begeistert sein. Das dritte Akademiekonzert der Sommerakademie hatte nach 2015 und 2021 wiederholt Franz Schuberts „Forellenquintett“ ins Programm genommen, was wahrscheinlich den  Kontrabässen zu verdanken ist, denn so viele Partituren haben die nicht.

Und so teilten sich Anna Preiß (23/Dt.), Ningwei Gio (25/China), Mara Reiter (19/Dt.) und Jim Thomas (24/Dt.) in die fünf Sätze und machten allesamt eine sehr gute Figur an diesem großen Instrument. Die Geige strich im ersten  Satz die ein wenig prominente Yeojin Lee (26/Südkorea), übergab diesen Part aber für die Sätze zwei bis fünf an Sara Ferreira (25/Portugal), die schon ein Mammutprogramm in dieser Sommerakademie leistete, aber stets mit einem voluminösen Ton und technischer Exzellenz aufwartete. Die Dozenten Carolin Frick (Viola), Jakob Nierenz (Violoncello) und Hinrich Alpers (Klavier), alle auch mit einem Riesenpensum, geleiteten die Studenten*innen durch die Partitur.

Mara Reiter

Auf das Lied mit einem Text von Christian Friedrich Daniel Schubart entstanden die fünf Sätze mit einer lautmalerischen Klavierbegleitung, die höchste Anforderungen an den Pianisten stellt. Die ungewöhnliche Besetzung fußt auf der von Nepomuk Hummel, Mäzen Franz Schuberts und oberösterreichischer Bergwerksdirektor, der sie so bestellt hatte. Ganz offenbar auch mit der Bedingung, dass es einen Variationen-Satz gibt, der das bekannte Lied „In einem Bächlein helle“ verarbeitet. Woran Schubert sich in Satz vier hielt.

Es ist eigentlich schwer vorstellbar, dass die Partitur nur als gehobene Unterhaltungsmusik, für die sie damals genommen wurde, stehen soll. Man konnte also dazu reden und schmatzen – die Musiker waren zu bedauern. Im Langhaus Oldenstadt redete keiner, von anderem zu schweigen. Die A-Dur-Tonart verbreitete einen unwiderstehlichen Silberglanz, malte den dahin schießenden Fisch und den still gleitenden Fluss. Vermutlich spiegelt dieses Stück Musik auch die für den 22-jährigen Komponisten glückliche Sorglosigkeit der Sommerwochen 1819. Nebenbei: Niemand ahnte, dass im selben Sommer die Beschlüsse der Heiligen Allianz in Karlsbad die Restauration und damit die Unterdrückung der freiheitlich gesinnten Intelligenz beschloss, von denen der Komponist bald selbst betroffen werden sollte.

Man darf ja am Ende hoffen, dass die Forelle davonkommt, die Musik jedenfalls lässt sich so deuten, trotz der dramatischen Zwischenrufe. Das Quintett lieferte einen wunderbaren Sound zur Geschichte. Hier wurde nichts zelebriert oder nur dechiffriert, sondern mit überzeugender Hingabe musiziert.

Bernd Goetzke und Hinrich Alpers

Begonnen hatten die zwei Konzertstunden mit den Professoren Bernd Goetzke und Hinrich Alpers, einst Lehrer und Schüler, und dem Vortrag von Claude Debussys „Six Épigraphes Antiques“ (Sechs antike Inschriften). Dieses Spiel war pure Musik, da musste man als Zuhörer nicht „Sonatenhauptsatz“, „Adagio“ oder „Forte“ denken. Man musste sich diesen Noten nur ausliefern und der Fantasie freien Lauf lassen, was der wohl zu den Titeln der sechs Stücke einfällt. Am schönsten ist ja das „Um dem Morgenregen zu danken“. Mit Wasser konnte Debussy wahrscheinlich besonders beeindruckend umgehen. Und weil wir hören, was wir erwarten, schickten uns die beiden Pianisten aus, den Pan zu rufen, an einem namenlosen Grab zu stehen oder zur einem Treffen mit derTänzerin mit den Zimbeln… Sehr assoziativ und eine Studie der Unangreifbarkeit.

Danach betrat Violindozent Stefan Hempel mit Sara Ferreira und Muxiang Zhang (23/China) ganz  anderes Terrain: Der Komponist Ernst Toch (1887 bis 1964) gehört zu denen, die, wahrscheinlich zu Unrecht, vergessen wurden. Das empfand er selber auch so. Der Österreicher brach sein Medizinstudium ab, nachdem er einen Kompositionswettbewerb um den Mozartpreis der Stadt Frankfurt gewonnen hatte. Toch war absoluter Autodidakt. Im Jahr 1933 verließ er Deutschland aus, mit Blick auf diese Geschichtszahl, naheliegenden Gründen. So richtig Fuß fassen konnte er aber in Amerika nicht.

Hempel, Ferreira und Zhang spielten aus der Serenade op. 20 für drei Violinen von Ernst Toch „Allegro non troppo“ und „Vivo“ technisch sehr souverän. Der Instrumentenklang mischte sich, ohne dabei an Deutlichkeit einzubüßen. In wirklich wunderbarer Übereinkunft und Übereinstimmung erklang ein polyphones Stück Musik, das aufregend war. Manchmal lieblich, manchmal unterbrochen durch Dramatik. Ein großer Hörgewinn.

Kim Deawon

Deawon Kim

Ein weiteres Klaviersolo brachte Deawon Kim (28/Südkorea) aufs Podium. Er interpretierte die Sonate Nr. 5 op. 53 von Alexander Skrjabin. Der russische Komponist war ja Debussy-Zeitgenosse. Er orientierte sich zunächst an Chopin und Liszt, lernte später die Musik Richard Wagners kennen und entwickelte sie für sich weiter, kam zu einer Vorform der Zwölftonmusik. Die Sonate war bei ihm ab der Nr. 5 nur noch einsätzig.

Deawon Kim steigerte die Noten zu einem grandiosen Trubel. Er spielte diese schwere Partitur leichtfüßig und doch ernsthaft, voller Drama und verspielt gleichermaßen. Die Noten waren unter seinen Händen ein Panorama, das in seinen Klangdimensionen und Kontrasten faszinierte.

Das dritte Akademiekonzert war das letzte. Nun geht es schon auf die Zielgerade der 14. Internationalen Sommerakademie; noch zwei Abschlusskonzerte stehen auf dem Programm. Die Mitglieder des altbekannten Orchesters aus Wrocław sind schon angereist für den Showdown.

Barbara Kaiser – 10. August 2023

 

 

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