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Auf den Spuren unserer Vorfahren

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Fotos: Christine Kohnke-Löbert

Mit dem Tourismusverein Suderburger Land die Geschichte erkunden

Der Landkreis Uelzen ist reich an archäologischen Denkmälern. Diese zu erkunden, ist immer wieder ein spannendes Erlebnis, insbesondere, wenn die Wandernden unterwegs ein wenig in die Welt ihrer Vorfahren eintauchen können. Im Rahmen einer geführten Wanderung mit dem Tourismusverein Suderburger Land ist dies zu unterschiedlichen Themen möglich. In die Welt der Bronzezeit führt beispielsweise eine Wanderung, die die Orte Böddenstedt, Gerdau und Holthusen miteinander verbindet.

In den ehemaligen Heideflächen Ortheide und Hischheide haben sich Hügelgräber der mittleren Bronzezeit erhalten – eindrucksvolle Monumente aus der Zeit um 1500 vor Christi Geburt. Grund hierfür ist unter anderem die Heideaufforstung, die seit der Mitte des 19. Jahrhunderts das Landschaftsbild in der Lüneburger Heide stark veränderte. In den neu entstandenen Waldgebieten konnten die Grabanlagen aus unserer Vorzeit – anders als auf den landwirtschaftlich intensiv genutzten Ackerflächen – erhalten bleiben. Als Kammerherr von Estorff im Jahr 1846 sein Buch über die „Heidnischen Altertümer in der Gegend von Uelzen“ vorlegte, ging er von einem Bestand an etwa 6000 Hügelgräbern im Landkreis aus. Heute sollen noch zirka 950 erhalten sein. Was für ein trauriger Aderlass!

Steinbeil: Arbeitsaxt zum Holzfällen, Stein- oder Bronzezeit, gefunden auf dem„ Ortfeld“.

Die Bronzezeit wird gerne als das „goldene Zeitalter“ der Urgeschichte bezeichnet, gemeint ist damit allerdings nicht unsere Region. Zu Unrecht, wie ich finde! Lange Zeit lagen der Vordere Orient und das südliche Europa im Fokus der Bronzezeitforschung. In Mesopotamien, Ägypen, Babylonien und Griechenland bildeten sich die großen Hochkulturen heraus: das Reich der Minoer auf Kreta, die Mykenische Kultur in Griechenland, das Reich des Hammurabi in Babylon oder auch Troja in der heutigen Türkei sind einige Stichworte. Aus der Anonymität rücken diese Kulturen auch durch ihre schriftlichen Hinterlassenschaften.
Das nördliche Europa hingegen galt lange als rückständig und kulturlos, eine Schriftkultur gab es in dieser Zeit hier nicht. Aber auch die archäologischen Quellen können uns ein beredtes Bild der Lebensumstände und Wirtschaftsweise vermitteln und sogar kleine Einblicke in die Gedankenwelt der Menschen, die vor etwa 3500 Jahren in unserer Region lebten, gewähren.
Im nördlichen Europa begann die Bronzezeit um 1800 vor Christi Geburt, etwa 500 Jahre später als im südlichen Europa. Sie dauerte gut 1000 Jahre an – bis die Menschen lernten, Eisen zu verarbeiten und damit in eine neue Epoche aufbrachen.

Die Entdeckung der Bronzeherstellung im Vorderen Orient führte zu einem nie dagewesenen Austausch zwischen Nord und Süd, ja, man könnte fast schon von einer ersten Globalisierung sprechen. Denn der Hunger nach dem wertvollen Metall ließ Menschen in nicht gekanntem Ausmaß in fremde Gegenden aufbrechen. Erzsucher gingen auf Expedition und kamen auch in unsere Gegend. Sie brachten Waren und Wissen mit und es begann ein vorher nicht gekannter kultureller und handwerklicher Austausch. Begierig wurde die neue Technologie aufgenommen und schon bald gab es auch hier kunstfertige Handwerker, Erzsucher, Schmiede und Händler. Ob sich damit auch die religiösen Vorstellungen veränderten? Wir wissen es nicht. Was wir aber wissen, ist, dass es in den bronzezeitlichen Bestattungssitten starke Umbrüche gegeben hat. Wurden die Menschen um 1800 vor Christi Geburt noch in flachen Gräbern bestattet, so begannen die Menschen 200 Jahre später, große Grabhügel zu errichten. Einer davon ist gegenüber dem heutigen Böddenstedter Friedhof erhalten, ein weiterer einige hundert Meter weiter in der Ortheide. Die Hügel mit einem Durchmesser von zehn bis 20 Metern waren oft von einem Steinkreis umgeben, der das aufgeschichtete Material am „Auseinanderfließen“ hindern sollte. Manche waren auch gänzlich mit Steinen überwölbt. Neben Erde nutzen die Menschen Grassoden und Heideplaggen als Material für den Hügelbau – es gab also auch schon in der Bronzezeit hier bei uns Heideflächen. Sie entstanden auf unseren Sandböden immer dort, wo Waldgebiete für die landwirtschaftliche Bewirtschaftung gerodet wurden. Wirtschaftlich war es wohl eine gute Zeit. Nicht ohne Grund nennt man sie ein „goldenes Zeitalter“. „Schatzfunde“ reich an Schmuck und Waffen sprechen dafür. So wurde 1951 auf einem Acker bei Bargfeld ein „Schatz“ aus Bronzegegenständen geborgen. Neben Gewandnadeln, Arm- und Beinringen und den damals rund um das heutige Lüneburg verbreiteten „Lüneburger Fibeln“ fand sich darin auch eine kleine Deckeldose, die wohl aus Mecklenburg stammt. Überhaupt gab es damals interessante regionale Besonderheiten wie beispielsweise die „Lüneburger Flügelhaube“, eine Kopfbedeckung mit seltsamen Flügeln, die nur in einzelnen Frauengräbern gefunden wurde. Einige Bestattungen lassen vermuten, dass manche Frauen in besonderer Weise verehrt wurden, womöglich als eine Art Priesterin. So fand sich bei Wittenwater auf dem Schwarzen Berg inmitten einer Gruppe von Hügelgäbern die Bestattung einer Frau, die in einem Totenhaus beigesetzt worden war. Unter der Grabstelle fanden sich Ritzspuren von hölzernen Hakenpflügen – sie verliefen exakt innerhalb der Ausdehnung der Grabhügel – offenbar hatte man den Standort extra gepflügt.

Auch der Opferstein von Melzingen könnte als bronzezeitlicher Kultort angesprochen werden. Heilige Steine, mit Schälchen – wie es einen in der Ortslage von Böddenstedt gibt – oder mit Rillen oder Rinnen versehen sind in vielen Kulturen verbreitet. Im Landkreis Uelzen haben wir es jedoch mit einer besonderen Konzentration von 21 sogenannten Schalensteinen, Steine in die kleine „Schälchen“ eingepickt wurden, zu tun. Am Opferstein von Melzingen fand nach dem Zweiten Weltkrieg eine Ausgrabung statt. Dadurch ist bekannt, dass der Stein bereits in der Zeit seiner Nutzung als Kultort nach Melzingen versetzt worden ist. Unter dem Stein fand sich ein Fundament aus Rollsteinen, der Boden hier weist ungewöhnlich hohe Phosphatwerte auf, die für „Opfergaben“ aus organischen Stoffen sprechen. Wer weiß, was einst durch die Rinne des Opfersteines in den Boden sickerte! In christlicher Zeit wurden leider viele dieser Monumente wegen ihres heidnischen Charakters zerstört.
Wie man sieht, ging es im Zeitalter der Bronzezeit nicht nur friedlich zu, reiche Waffenfunde sprechen ebenso dafür wie etwa Funde im Ringheiligtum Pömmelte in Sachsen-Anhalt. Hier wurden in eigens angelegten Gruben grausam geopferte Menschen – Kinder, Jugendliche und Frauen – zur ewigen Ruhe gebettet. Auch auf Felsbildern in Skandinavien sind gewalttätige Szenen festgehalten. Menschen, die gegeneinander kämpfen – mit Dolchen, wie auch in Suderburg einer gefunden worden ist.

Wer Lust hat, auch einmal auf Entdeckungsreise in die Geschichte zu gehen, sollte ein Auge auf die Angebote des Tourismusvereins Suderburger Land haben. Im Rahmen geführter Wanderungen werden unterschiedliche Themen aufgegriffen und vor Ort vertieft.

[Christine Kohnke-Löbert]

 

Stabdolch aus Suderburg, aus: Bronzezeit in Niedersachsen, hrsg. Von Günter Wegner, Niedersächsisches Landesmuseum Hannover, 1997

Absatzbeil aus Böddenstedt – Quelle: Kreisarchäologie Uelzen
Gefunden in einer Kiste mit Werkzeug aus der ehemaligen Schule Böddenstedt, gehörte wohl zur Schulsammlung

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