Der Kirchenmusikdirektor aus Salzwedel ist ein weit gereister Mann. Mattias Böhlert spielte auf Orgeln zwischen Japan, Australien, Südafrika, Kanada und den USA, aber genauso auf Instrumenten bedeutender Gotteshäuser hierzulande, wie den Domen zu Stendal, Magdeburg oder Schwerin, den Kirchen in Rostock, Leipzig, Erfurt, Mühlhausen und Halberstadt. Er gab Konzerte in den Kathedralen in Riga, Tallinn, St. Petersburg und Moskau, war in Wrocław zu Gast und in Kazimierz Dolny, als die Orgel dort 400. Geburtstag feierte. In Uelzen war er auch. Im Jahr 2009. Nun, nach 12 Jahren, ist er wiedergekommen und spielte im 7. St.-Marien-Sommerkonzert europäische und amerikanische Orgelmusik aus fünf Jahrhunderten.
Es war ein musikalischer Querschnitt, eine Melange, zwischen deklamatorischen Passagen, romantischer Verspieltheit und sinfonischer Wucht. Der Organist, Jahrgang 1956, verlor sich im Filigranen nicht, er lebte die Ausdrucksstärke und Klangschönheit dieser Musik und seines Musizierens, die Fähigkeit zu vielfältigen Nuancierungen, farbenreichen und konfliktgeladenen Steigerungen mit opulenten Höhepunkten voll aus.
Matthias Böhlert begann mit Noten aus dem 16. Jahrhundert, „Altpolnische Tabulatursätze“ von Jan de Lubin. Tabulaturen wurden ja zu Beginn des 14. Jahrhunderts dafür erfunden, mehrere Stimmen polyphoner Vokalmusik für ein Instrument zusammenzuschreiben, zu tabulieren. Die im Konzert gespielten bewegten sich zwischen bedächtig und ausgelassen.
Mit Johann Sebastian Bachs Fantasie G-Dur (BWV 572) schritt die Musikstunde voran. Den zierlichen Beginn nahm der Organist eilend, bis die wuchtigen Akkorde walteten. Er behielt die ganze Mehrstimmigkeit im sicheren Griff, obgleich er beeindruckend flink unterwegs war. Aber auch der gewaltige Schluss erklang sehr überzeugend.
Den Komponisten Jehan Alain hatte den treuen Sommerkonzertbesuchern Merle Hillmer in ihrem Konzert vor zwei Wochen mit drei Tänzen vorgestellt. Matthias Böhnert nahm den Franzosen, der, nur 29-jährig, im Zweiten Weltkrieg sein Leben ließ, ebenfalls ins Programm. Mit „Le jardin suspendu“ – der hängende Garten. „Der hängende Garten ist des Künstlers immer wieder gesuchtes, doch ungreifbares Ideal, seine unzugängliche und unantastbare Zufluchtsstätte“, beschrieb Alain selbst den unerreichbaren Traum eines Ortes der Freiheit und fasste ihn in Musik. Es blieben düster-tastende Noten.