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Wie aus Holz ein Kunstwerk entsteht

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Katja Nitzsche aus Ostedt lebt ihren Traumberuf

Noch ist es nur eine einfache Bohle, die auf dem langen Arbeitstisch liegt, in wenigen Tagen wird es ein Kunstwerk sein, das noch in 100 Jahren eine eigene Geschichte zu erzählen weiß. „Es reizt mich, mit Holz zu arbeiten, kreativ zu sein, gleichzeitig hat es auch etwas Meditatives.“ Für Katja Nitzsche aus Ostedt stand schon früh fest, dass sie Holzbildhauerin werden wollte. Ihren Traum hat sie zum Beruf gemacht, das Handwerk von der Pike auf gelernt, eine Ausbildung absolviert. „Es war damals noch unüblich, dass Frauen in diesen Beruf gehen.“

Katja Nitzsche bei der Arbeit in ihrer Werkstatt.

Die verschiedenen Schnitzeisen wie Bohrer, Geisfüße, Hohl- und Balleisen liegen bereit, der Knüpfel wartet darauf, zum Einsatz zu kommen. Im Moment arbeitet Katja Nitzsche an einer neuen Beschriftung einer Bohle. Liebevoll streift sie mit der Hand über das Holz, das sein Dasein viele Jahrzehnte zwischen anderen Bohlen fristete. Waren Schriften vor Jahrhunderten zumeist erhaben, werden sie heute in der Regel eingekerbt. Ist die passende Bohle gefunden und steht die darauf zu fertigende Inschrift fest, beginnt die vielleicht aufwändigste Arbeit – das Finden der richtigen Schrift und die der für die jeweilige Bohle passende Schriftgröße. „Dafür studiere ich Schriftbücher, schaue schon einmal in einer alten Bibel nach Schriftarten.“ Das auch, weil viele der Inschriften, die sie anfertigt und nacharbeitet, kirchlichen Ursprungs sind. „Alte Schriften haben einen eigenen Charakter, ich spüre die Verbindung zu früher und den Menschen, die diese Inschriften bestellt und gefertigt haben. Denn sie sagen nun einmal viel über die Erbauer und die Hausgeschichte aus, wenn etwa das Vorgängerhaus einem Brand zum Opfer gefallen ist.

Zuerst wird die Schrift auf ein Pergamentpapier gebracht, dann per Blaupause auf das Holz übertragen und schließlich eingekerbt. Jede Schrift, jede Bohle, jeder Balken ist für sich ein zu bearbeitendes Unikat. Bei Neuanfertigungen werden dazu ausschließlich heimische Hölzer verarbeitet, darauf legt Katja Nitzsche, die auch kleine Gebrauchsgegenstände wie Haarnadeln, Löffel oder Lampen fertigt, wert. Aus Holznägeln werden zudem kleine Kunstwerke erschaffen und jedes von ihr geschaffene Holzgesicht weiß eine eigene Geschichte zu erzählen. Ihren ersten Auftrag, nachdem Katja Nitzsche ihre Arbeit als Holzbildhauerin wieder aufgenommen hatte, war ein zwölf Meter langer Balken mit 154 Buchstaben an einem Haus in Masel. Eine echte Herausforderung, musste die leidenschaftliche Holzbildhauerin doch von einem Gerüst aus arbeiten. Aufträge erledigte sie im Landkreis Uelzen zum Beispiel in Suderburg, wo der Balken an den Enden jeweils von einem Schaf geziert wird. Sehenswert sind auch das Nachbessern einer erhabenen Balkeninschrift in Emern sowie Schriftbalkenbearbeitungen im Handwerksmusem Suhlendorf.
„Die Erhaltung von Inschriften ist so wichtig“, sagt Katja Nitzsche. Dazu beitragen zu können, erfüllt sie mit großer Freude – was an ihrer Arbeit zu sehen ist.

[Dirk Marwede]

 

Jeder Buchstabe, der in die Bohle gekerbt wird, muss in Größe, Schriftart und Abstand zum Nachbarbuchstaben stimmen. Fotos: Marwede

Holzgesichter – jedes für sich ein kleines Kunstwerk.

Aus Holznägeln werden kleine Unikate.