Der Moderator des Abends, Dr. Jan König, zitierte eingangs Psalm 69: „Gott, hilf mir! Denn das Wasser geht mir bis zur Kehle. Ich versinke in tiefem Schlamm, wo kein Grund ist; ich bin in tiefe Wasser geraten, und die Flut will mich ersäufen.“ Dass das Bild, den dieser Vergleich vor unser Auge stellt, im Aktuellen Falle kein Sinnbild ist für menschliche Orientierungslosigkeit, sondern es eine wahrhaftige Sintflut – wenn auch nicht von Gott geschickt – war, die Dörfer und Stadtteile im Westen dieser Republik hinwegspülte, weiß seit zwei Wochen jeder.
Nein, dieses Mal passierte es nicht im fernen Indien. Das uns dann immer nur einen kurzen Filmbericht wert ist. Dieses Mal traf es zum wiederholten Mal bereits Mitteleuropa mit einer unvorbereiteten Wucht, die Nichtbetroffene fassungslos zurück ließ, und alle diejenigen, die Hab und Gut verloren, an den Rande der Verzweiflung brachte.
Wenn es Hoffnung gibt und Trost, dann erwachsen die aus der zupackenden Solidarität, der praktischen Hilfe, die den Landstrichen seit den Unwettern von überall zuströmen. Millionen Euro wurden eingesammelt, Helfer von THW und Bundeswehr, aber auch Privatpersonen wollten nicht nur zusehen. Vielleicht steckt ein Stück des von Goethe beschriebenen „edlen Menschen“ (wie ihn Jan König im Gedicht „Edel sei der Mensch, hilfreich und gut“ rezitierte) doch noch in uns allen – dann wäre die Welt nicht verloren.
Auch die St.-Marien-Kirchengemeinde und der Rotary Club Uelzen fanden sich zu einem gemeinsam veranstalteten Konzert zusammen, das am Ende rund 3000 Euro an reiner Spende einspielte. Die Musiker traten selbstverständlich ohne Gage auf.
Merle Hillmer und Erik Matz saßen an der Orgel. Niklas Wienecke ließ sein Saxophon erklingen. Auch die Musiker von „Brassonanz“, dem Blechbläser-Ensemble um Lukas Strieder, waren mit von der Partie.
Barmherzigkeit, die Hilfe für in Not Geratene, ist ein Baustein jeder Religion. Im Islam sind die Spenden für Bettler vor allem im Ramadan Pflicht, so wie das tägliche Gebet und die Pilgerreise einmal im Leben. „Die Natur schickt uns nun die Rechnung“, sagte der Sänger Peter Maffay kürzlich in einem Interview, ehe er selber auf eine Bühne ging, um bei einem Benefizkonzert mitzuwirken. Vielleicht greift auch diese Erkenntnis Raum, wenn die ersten Tränen getrocknet und die Häuser wieder aufgebaut sind.
Und es ist gut zu sehen, dass so viele Menschen, ob nun aus christlicher Nächstenliebe oder auch ohne einen Glauben an einen Gott, aber im Vertrauen auf das Funktionieren von Solidarität und Mitmenschlichkeit, jetzt fremdes Leid nicht ignorieren. Es wäre noch besser, das funktionierte genauso ein Stück weit globaler. Damit am Ende keine Mensch auf dieser Erde mit Psalm 69 sagen muss: „ Ich habe mich müde geschrien, mein Hals ist heiser. Meine Augen sind trübe geworden, weil ich so lange harren muss…“