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„Es ist unerträglich!“

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Interview mit Sonja Reimann, Vorsitzende der Bürgerinitiative B4

 

Die 1. Vorsitzende der Bürgerinitiative Sonja Reimann. Foto: Dirk Marwede

PKW um PKW, LKW um LKW fahren nur einige Meter von ihrem Haus entfernt auf der Bundesstraße 4 vorbei, 24 Stunden am Tag, sieben Tage in der Woche, 365 Tage im Jahr: Sonja Reimann aus Jelmstorf will das so nicht mehr hinnehmen. Sie hat die Bürgerinitiative B4 gegründet, der sich Mitglieder aus fünf Orten angeschlossen haben. Mehr dazu erzählt Sonja Reimann im Interview.

Wie lange leben Sie an der Bundesstraße 4?
SR: Vor etwas mehr als 20 Jahren haben wir unser Haus in Jelmstorf gebaut. Unsere Familie ist in dem Dorf verwurzelt, deshalb gab es keine anderen Optionen woanders zu leben. Damals haben wir nicht geahnt, wie rasant sich der Verkehr entwickeln würde.

Haben Sie es jemals bereut, so direkt an der B4 gebaut zu haben?
SR: Es gibt so Phasen, in denen ich es bereue. Doch das ist hier mein Zuhause, schon die Uroma hat hier gelebt.

Gab es denn einen konkreten Anlass, eine Bürgerinitiative zu gründen?
SR: Was mich immer schon bewegt hat, sind die Gefahren, die sich mit der B4 insbesondere in den Orten verbinden. Als mein Sohn dann in das Alter kam, allein Freunde auf der anderen Seite des Dorfes besuchen zu wollen, haben mich die Ängste stets begleitet. Von unserem Haus aus konnte ich beobachten, wie er die Straße auf dem Zebrastreifen überquerte. Und jedes Mal war ich froh, wenn er die andere Straßenseite sicher erreicht hatte. Spätestens da war mir klar, dass sich etwas an der Verkehrssituation ändern muss.

Wie haben Sie Mitstreiter für Ihr Anliegen gefunden?
SR: Am 30. Dezember 2021 haben wir erste Flyer verteilt und Kontakt mit den Nachbarorten aufgenommen. Wir hier in Jelmstorf haben eine ähnliche Situation wie die Einwohner von Tätendorf-Eppensen, Bienenbüttel, Grünhagen und Melbeck. Auch die Bargdorfer sind direkt betroffen, auch wenn der Ort ein wenig entfernt von der B4 liegt. In all diesen Orten gibt es Menschen, denen es ähnlich geht wie mir. Die haben sich in der Gruppe zusammengefunden.

 

Mit dem Fahrrad die B4 zu überqueren, gestaltet sich oftmals als gefährlich. Foto: Dirk Marwede

Wie ist die Gruppe organisiert?
SR: Anfang Mai hatten wir unsere Gründungsversammlung im Gemeindehaus Jelmstorf, haben dort Ziele besprochen und einen Vorstand mit Andreas Feige aus Grünhagen als 2. Vorsitzenden, einem Kassenwart, einem Schriftführer und sechs Beisitzern gewählt. Wir sind inzwischen ein eingetragener Verein mit einer eigenen Satzung und zahlreichen Mitgliedern aus allen betroffenen Orten.

Wie sehen die Ziele der Gruppe aus?
SR: Unser oberstes Ziel ist es, für mehr Sicherheit in den Orten zu sorgen. Wir begrüßen es deshalb auch, dass die Geschwindigkeit außerhalb unserer Ortschaften tagsüber auf 80 km/h reduziert worden ist. Das macht sich innerorts positiv bemerkbar, reicht aber noch lange nicht aus. Wir fordern mehr Maßnahmen, die die Sicherheit in den Orten verschärfen, den Verkehrslärm reduzieren, die das Einscheren auf die Straße erleichtern und Emissionen verringern.

Wie können solche Maßnahmen aussehen?
SR: Wir wollen mit den zuständigen Politikern und Behörden besprechen, welche Möglichkeiten es gibt, unsere Ziele durchzusetzen. Nachgedacht haben wir unter anderem über Bedarfsampeln, Verkehrsinseln, Kreisverkehre, Tempolimits, eine Tempo-30-Regel für nachts und Maßnahmen zur Sicherheit , um von der Straße abzubiegen oder auf sie aufzufahren.

Was wird von der BI B4 unternommen, um auf deren Anliegen aufmerksam zu machen?
SR: Wir wollen die Verkehrsteilnehmer sensibilisieren, in den Orten langsamer und achtsamer zu fahren. Eine erste Aktion haben wir gestartet, indem wir in Tätendorf-Eppensen, Grünhagen und Melbeck mit Bobby-Cars an der Strecke auf Kinder und Anwohner aufmerksam gemacht haben. Als zweites stand eine Fahrraddemonstration an, die zahlreiche Teilnehmer von Jelmstorf nach Melbeck führte und auf große Resonanz stieß. Transparente weisen zudem auf die schwierige Verkehrssituation an und auf der B4 hin. Wir denken aber auch über eine Verkehrszählung sowie eine Analyse des Unfallgeschehens der letzten 20 Jahre in und zwischen unseren Ortschaften nach.

 

Grünhagen leidet wie die anderen Dörfer unter der Last des Verkehrs. Foto: Dirk Marwede

Hat es auch schon Gespräche mit Politikern gegeben?
SR: Ja. Wir haben uns unter anderem mit einem Verkehrsexperten im Landtag in Hannover ausgetauscht, suchen in erster Linie aber den Kontakt zu Bundestagsabgeordneten, denn bei der B4 handelt es sich nun einmal um eine Bundesstraße.

Was wünschen Sie sich für die Zukunft?
SR: Dass der Schwerlastverkehr, der den Landkreis Uelzen nur als Abkürzung nimmt, verbannt wird. Dass wir mit unserem Anliegen bei verantwortlichen Politikern und der Straßenverkehrsbehörde, die über das notwendige Know-how verfügen, auf offene Ohren stoßen und dass letztlich die Verkehrssituation in und zwischen unseren Orten erträglicher wird.
[Dirk Marwede]

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