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Sarah Jakob lebt mit einer gespendeten Lunge

Auf den ersten Blick wirkt diese feingliedrige Frau so gar nicht wie jemand, der eine lange Leidensgeschichte hinter sich hat. Und auch auf den zweiten strahlt die Diplompädagogin mit ihren 41 Jahren eine bemerkenswerte Jugendlichkeit aus. Sarah Jakob hat Mukoviszidose, eine angeborene Stoffwechselstörung, die alle Organe betrifft, ganz besonders aber ihre Lunge. „Die verschleimt nach und nach. Irgendwann war halt die letzte Option Transplantation.“ Nach nur einem halben Jahr Wartezeit bekam sie damals den Anruf: Ein Spenderorgan. Der Weg bis dahin war dennoch kein einfacher. Regelmäßige Gesundheitschecks, den Aufenthaltsort durchgeben nach jedem Ortswechsel, Erreichbarkeit mithilfe von drei Telefonnummern, rund um die Uhr. Je nach den Werten vom letzten Arztbesuch, rauf oder runter in der Warteliste von Eurotransplant. „Man selbst weiß nicht, an welcher Stelle man steht“, erklärt sie.

Sarah Jakob hatte gleich beim ersten Anruf Glück: Die ihr zugedachte Lunge passte. Das ist nicht selbstverständlich. Vorher habe sie sich immer vorgestellt, wie das wäre, wieder richtig atmen zu können mit dem neuen Organ, erinnert sich Jakob. Nach der Operation sah die Realität allerdings erstmal anders aus: „Ich habe gedacht, ich habe einen zu engen Gürtel um den Brustkorb geschnallt. Ist ja auch klar: Da sind halt Narben.“ Auch wenn das Aufwachen aus der Narkose also nicht ganz so traumhaft war, hat sich Jakobs Leben nach der Transplantation sehr zum Positiven verändert: Vorher konnte sie kaum 50 Meter gehen, hing Tag und Nacht an einem Sauerstoffgerät, nach der OP dann auf einmal wieder viel mehr Möglichkeiten: „Man ist frei in seinem Reisen, kann wieder joggen, Sport machen, das alles.“ Wichtig zu betonen sei ihr, dass trotz der zurückgewonnenen Freiheiten eine Transplantation keine Heilung ist, sondern lediglich eine Therapieform. „Zum einen muss man sein Leben lang Medikamente nehmen gegen die Abstoßung.“ Und zum anderen: „ist man dadurch, dass die Immunabwehr durch die Medikamente aktiv heruntergedrückt wird, ganz anfällig für Bakterien und Viren“, genauso auch für andere Krankheiten, von Pilzinfektionen bis hin zu Krebs. Auch bei Jakob selbst ging es nicht sofort und nicht ausschließlich bergauf mit der Gesundheit. „Es ist schon hart, die Zeit danach. Aber man weiß, wofür man es macht.“ Und ihre Mukoviszidose, die bleibt natürlich, auch mit dem neuen Organ.

Sarah Jakob ist die regionale Ansprechpartnerin von Transplant Kids e. V. Foto: Transplant Kids e. V.

Beim Transplant Kids Camp geht es auf einen einwöchigen Segeltörn.
Foto: Sarah Jakob

Seitdem sie selbst eine fremde Lunge in sich trägt, engagiert sich Sarah Jakob beim Verein Transplant Kids, der Freizeitangebote für Kinder und Jugendliche mit Spenderorgan und ihre Angehörigen anbietet. Da es bei einer Transplantation nicht möglich ist, mit der Geber-Familie in Kontakt zu treten, möchte sie auf diesem Weg etwas an die Welt zurückgeben. Aus demselben Impuls heraus sei der, mittlerweile bundesweit agierende, Verein 2012 überhaupt entstanden – hier im Landkreis, in Bienenbüttel. Die angebotenen Aktivitäten sollen den jungen Menschen helfen, nach dem oft lang währenden Ausnahmezustand, einen möglichst normalen Alltag zu führen. „Die ganze Familie hat viel durchgemacht, viele Krankenhausaufenthalte. Und auch danach ist halt nicht alles in Ordnung“, sieht Jakob. Zu den typischen Nebeneffekten kommen bei Kindern häufig auch noch Entwicklungsverzögerungen, weil sie über längere Zeit kein funktionierendes Organ hatten.
Auf den Freizeiten lernen sie nicht nur andere kennen, mit denen sie sich über ihre Besonderheit austauschen können. – „Sich gegenseitig die Narben zeigen, das machen sie auch immer mit sehr viel Liebe“, schmunzelt Jakob. – Eltern schaffen es hier außerdem, wo sie die sonst oft sehr behüteten Kleinen unter fachkundiger Aufsicht wissen, diese mal an der langen Leine zu lassen, sich zu entspannen, sich eventuell Zeit für ihre Partnerschaft zu nehmen. „Da geht es einfach darum, die Familie als Ganze zu entlasten“, erläutert Jakob. Schon wenn sie von diesen Familienfahrten spricht, ist ihr die Begeisterung anzumerken. „Eigentlich das Herzensprojekt“, fährt sie aber fort, „ist eine Segelfreizeit, die einmal im Jahr stattfindet, auf dem Ijsselmeer in Holland.“ Zum Transplant Kids Camp kommen Kinder ab etwa acht Jahren, wahlweise in Begleitung von Geschwisterkind, Freundin oder Freund. Hier geht es um Unabhängigkeit: Eine Woche segeln, ohne Eltern, dafür „mit Krankenschwester und eigenem Koch an Bord. Und ungefähr die Hälfte der Betreuer ist transplantiert. Für die Kinder ist das ganz toll, weil die oft das erste Mal mitfahren dürfen auf eine Freizeit, weil einfach die Eltern so viel Angst haben.“ Tatsächlich kann eine Medikamenten-Gabe schon aus rechtlichen Gründen bei vielen Sommerfreizeiten einfach nicht gewährleistet werden. Anders bei den Transplant Kids: Da ist massenweise kundige Klientel an Bord, was es deutlich leichter macht, loszulassen. „Und die sind dann ganz stolz – die Kinder und die Eltern – wenn sie das geschafft haben.“
[Katharina Hartwig]

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