Tiertafel Bad Bevensen hilft
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Freitagnachmittag, 15.30 Uhr im Foyer der Aula der Kooperativen Gesamtschule Bad Bevensen. Die Taschen sind aufgereiht, der Tisch aufgestellt, die Plakate aufgehängt. Stephanie und Thorsten Beitsch von der Tiertafel Bad Bevensen warten auf ihre Kunden. „Einige kommen gerne etwas früher“, erklärt Thorsten Beitsch, warum die Tiertafel schon vor der offiziellen Öffnungszeit parat ist. Und tatsächlich – um 15.45 Uhr erscheint schon der Erste. Ab 16 Uhr geht es Schlag auf Schlag. Jeder bekommt seine vorgepackte Tasche, wegen Corona geht es rechts die Rampe rauf, links die Stufen vor dem Foyer wieder runter. Alle tragen Mund-Nasen-Schutz und halten Abstand. Die Taschen sind groß und schwer, immerhin ist darin Nass- und Trockenfutter für einen ganzen Monat, auch mal ein Spielzeug. Auch Säcke mit Katzenstreu gibt das Ehepaar mit. Das meiste ist privat gespendet, eine Familie aus Bienenbüttel z. B. bringt von jedem Einkauf etwas mit für die Tiertafel. „Das sind dann im Monat vier bis fünf Kartons“, freut sich der 49-Jährige. Eine Stiftung aus München überweist zudem regelmäßig Geld an den Verein Tierpfotenhilfe, der Träger der Tiertafel ist. Bei einem Tierarzt in Ebstorf steht eine Spendendose und bei Landfuxx in Bad Bevensen eine Futterbox. „Sonst sammeln wir auch Geld bei Stadtfesten, das fällt jetzt natürlich weg“, bedauert Stephanie Beitsch. Von dem Geld werden auch mal Tierarztkosten übernommen.
Zwanzig Stammkunden gibt es, einige von Anfang an. Man kennt sich. „Die Leute sind dankbar, dass wir sie hier mit Namen anreden, diese Wertschätzung sind sie nicht gewohnt“, sagt ihr Mann. Das merkt man auch – hier ein kurzes Gespräch über die überstandene Krankheit, dort ein Plausch über das Haustier. Eine Frau bringt eine Orchidee als Dankeschön mit. Die Dankbarkeit zeigt sich auch in den Gesprächen mit der Reporterin: „Ich bin so froh über die Unterstützung.“ „Das hilft wirklich mit der Tafel.“ „Das ist so toll, dass es die Tafel gibt, und sie sind so nett. Das ist klasse, das sind ganz tolle Menschen. Das müssen Sie unbedingt aufschreiben!“
Wer Futter bekommen möchte, muss den Hartz IV- oder Rentenbescheid vorlegen, auch spontan erscheinende Kunden. Alle sagen, die Tiere abzugeben sei keine Option: „Lieber hungere ich selbst, als dass mein Tier leidet.“ Viele haben Hund oder Katze schon lange, sind ohne Partner und von Einsamkeit bedroht. Damit sie ihre Tiere behalten können, hat das Ehepaar Beitsch im Oktober 2018 die Tiertafel in Bad Bevensen eröffnet. Zuerst war sie bei der AWO untergebracht, da war es aber zu eng, seit Juni findet die Futterausgabe in der Schule statt. Allerdings war die Tafel wegen Corona eine Zeit lang geschlossen, da brachte das Ehepaar das Futter zu den Kunden. „Wir können die Leute doch nicht im Regen stehen lassen und sagen, jetzt gibt es nichts mehr. Die Tiere brauchen doch trotzdem Futter!“, erklärt Stephanie Beitsch.
Auch jetzt wird einer Rollstuhlfahrerin in Emmendorf, die nicht selbst zur Tafel kommen kann, das Futter vorbeigebracht. Viele würden es auch nicht zur Tiertafel nach Uelzen schaffen. „Hier im Nordkreis sind wir eine wichtige Hilfe“, sagt Thorsten Beitsch. Seit Mai 2019 bietet der Verein auch in Ebstorf jeden letzten Samstag im Monat eine Futterausgabe an. In Bad Bevensen ist jeden dritten Freitag im Monat Ausgabe. Die meisten Kunden kommen zu Fuß mit Einkaufstrolley, Rollator oder Einkaufswagen. Die wenigsten haben Freunde oder Verwandte, die die Taschen mit dem Auto abholen.
Keiner der Kunden bringt seinen Hund mit. „Das liegt vielleicht daran, dass es bei der AWO so eng war. Und dabei ist es dann geblieben. Nur, wenn ein Halsband anzupassen ist, ist der Hund nach Absprache dabei. Wir können ja nicht immer alles mitnehmen, was wir haben. Weil man die Taschen nicht stapeln kann, müssen wir so schon mit zwei Autos kommen.“ Die Sachspenden lagern wie das Futter in einer Scheune.
„Das wäre so schön, wenn wir einen kleinen Laden hätten, wo wir alles lassen könnten, wie die Uelzener Tiertafel. Da müssten wir nicht immer alles von A nach B karren“, verrät Stephanie Beitsch ihren Wunschtraum. So ein Ladenlokal sollte möglichst zentral und barrierefrei sein, aber nicht zu öffentlich – und es darf nicht viel kosten. „Dann könnten wir vielleicht zwei Mal im Monat Futter ausgeben, weil der Aufwand nicht mehr so groß ist. Und die Kunden wären dankbar, weil sie nicht mehr so große Mengen transportieren müssten“, zählt ihr Mann die Vorteile auf. Möglicherweise würden dann auch mehr Menschen, die die Hilfe gebrauchen könnten, auf die Tiertafel aufmerksam – bislang läuft viel über Mund-zu-Mund-Propaganda. Und vielleicht auch mehr Unterstützer. Besonders Patinnen und Paten, die regelmäßig für Tierarztkosten spenden, sucht der Verein noch. Alle Infos dazu gibt es unter tierpfotenhilfe.de.
Als die Reporterin sich um 16.45 Uhr verabschiedet, sind bis auf zwei Stammkunden alle da gewesen. „Wir warten immer bis zum Schluss um 17 Uhr“, sagt Thorsten Beitsch. Damit kein Tier hungern muss.
[Sascha Fobbe]