Dann wurde es düsterer. Max Reger (1873 bis 1916) wusste eben auch schon viel vom Krieg. Es erklang seine Passacaglia in e-moll aus der Suite op. 16. Diese Art steht ja sowieso meist in Moll und hat einen melancholischen Grundsound. Bei Reger werden die (barocken) Noten romantisch aufgeladen und durchschreiten das düstere Piano, das sich lichtet und schwillt, das im Forte enden will, aber wieder herabsinkt, die Tempi und die Lautstärken ständig wechselnd. Die Organistin schuf ein durchsichtiges Klangbild der vertrackten harmonischen Gebilde polyphoner Musik.
Danach Jehan Alain (1911 bis 1940) und
„Drei Tänze“. Alains kompositorisches Schaffen wurde nicht nur
durch die musikalische Sprache von Claude Debussy und Olivier
Messiaen beeinflusst, sondern genauso durch fernöstliche Musik, Tanz
und Philosophie, das neu erwachte Interesse an der Musik des 16. bis
18. Jahrhunderts und den Jazz. 140 Kompositionen stammen aus seiner
Feder, ehe er, 29-jährig, im Krieg starb.
Merle Hillmer sagte im Gespräch, sie
wollte diese Tänze schon immer einmal spielen und hat sich das
restliche Programm drum herum gebaut. Wie gesagt: Es sind eher
Totentänze, denn sie tragen die Titel „Joies“ (Freuden),
„Deuils“ (Trauerfälle) und „Luttes“ (Kämpfe).
Synkopen geben einen unruhigen Rhythmus
vor. Ein chromatisches Auf und Ab imaginiert Sirenen. Es ist eine
beängstigende und bedrängende Musik. Optimismus? Nirgends!
Die 23-Jährige beherrschte die Noten
souverän und bewies ein großes und beachtliches Gestaltungsvermögen
ihrer Partituren. Die Zuhörer konnten dieses 5. Sommerkonzert sehr
angeregt verlassen.
In einer Woche, am 07. August 2021,
gibt es ein ungewöhnliches Duo. Mit „Conexus“ erklingen Violine
und Akkordeon – Bach und Jazz. 16.45 Uhr, St. Marien.
Barbara Kaiser – 01. August 2021