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Feuilleton

Mit guter Bilanz – Kunstvereinsvorsitzender Udo Hachmann gab sein Amt nach 17 Jahren weiter

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„Ich habe mich immer fürs Ehrenamt stark gemacht, als ich noch im Rathaus saß; da konnte ich selber nicht kneifen!“, sagte Dr. Udo Hachmann nach seiner Wahl zum Kunstvereinsvorsitzenden im Jahr 2003. Er hatte von Jürgen Krüger, der sechs Jahre im Amt war, diese Funktion übernommen und würde, wie sich nun herausstellt, diese Jahre verdreifachen. Jetzt gab er den Staffelstab an Almke Matzker-Steiner weiter.

Dem Kunstverein Uelzen, gegründet im Jahr 1976, war es auch unter Hachmanns Leitung stets Anliegen, moderne, ungesicherte – heißt unetablierte – Kunst zu zeigen. Er habe „das Übernommene auf hohem Niveau vorgefunden“, schätzte der neue Vorsitzende damals ein, da sei es folgerichtig, Bewährtes fortzuführen. Bis 2010 war der damals 64-Jährige in seine Funktion gewählt. „Wenn man über 70 ist, sollten dann Jüngere nachrücken“, prophezeite er. Dass seine Amtszeit noch einmal zehn Jahre länger dauerte, hat vor allem den Grund, dass der Kunstverein unter seinem Vorsitz auch Neues erfolgreich versuchte, dass es einfach gut lief und dass sich keiner nach einem so arbeitsintensiven Ehrenamt drängelte.
So war es Hachmanns Idee, das Atrium des Rathauses für Skulpturenausstellungen zu öffnen. Mit beeindruckendem Ergebnis und Erfolg. Das für mich persönlich größte Experiment seiner Amtszeit bleibt die Ausstellung von Willi Sitte, die stattfand, als DDR-Kunst von den meisten naserümpfend und arrogant noch als „staatsnah“ verunglimpft wurde. Ein ganz großer Wurf war auch „General Frost rasiert Napoleon“, die europäischen Karikaturen über Russland aus vier Jahrhunderten. So etwas könnte man – aus gegebenem Anlass – wieder auflegen um zu sehen, dass die Russophobie um nichts kleiner geworden ist durch die Zeiten.

„Kunst ist nicht teilbar“, war sich Udo Hachmann stets sicher. „Wir wollen, weil wir Kleinstadt sind, keine kleine Kunst machen, sondern ein entsprechendes Niveau bieten.“ Das hat er siebzehneinhalb Jahre praktiziert, 85 Ausstellungen verantwortet. Als Bereicherung für diese Stadt, in die Hachmann im Jahr 1971 als zunächst stellvertretender Stadtdirektor kam. Nach dem altsprachlichen Abitur 1959 und dem Jurastudium in Münster und Frankreich. Er wusste sehr frühzeitig, dass er einmal „in die Kommunalpolitik will“. Weil der nach einem zielstrebigen Studium Promovierte weiß, dass Bewerber aus der Wirtschaft größere Chancen haben, auch in Stadtverwaltungen angenommen zu werden, arbeitete er aber zunächst in Kaiserslautern in einer betrieblichen Rechtsabteilung. Seit er 32 ist, heißt Uelzen für ihn Heimat. Der Stadtrat war dank seiner Beharrlichkeit bereit, das Schloss Holdenstedt zu kaufen, das ein Juwel für Kulturveranstaltungen war. Was sind das für traurige Zeiten, in denen solche Coups überhaupt nicht mehr in Erwägung gezogen werden, weil sich alles rechnen und effizient sein muss? Kunst- und Kulturgestalter brauchen einen langen Atem, weil die viel beschworene „Systemrelevanz“ ihnen offenbar abgesprochen wird, was ein Verhängnis ist.
Udo Hachmann war immer der Meinung, es sei wichtig, „über den eigenen Jägerzaun hinaus zu schauen, heraus zu kommen aus dem kleinen Leben und andere Menschen kennen zu lernen.“ Dafür ist die Kunst eine hervorragende Mittlerin, vielleicht begreifen es auch irgendwann Politiker. So gab es in der Ära Hachmann polnische und russische Kunst, welche von Künstlern aus dem früheren Jugoslawien, aus Spanien und aus der hiesigen Region. Manchmal hat man sich auch nicht an das „unetabliert“ gehalten, mit Cornelia Schleime etwa, Uwe Pfeifer und Uwe Bremer oder Günter Grass. Immer waren es sehenswerte Ausstellungen, manche bleiben als ganz großes Kino im Gedächtnis. Das verdanken die „Freunde der Kunst“, wie Hachmann die Vernissage-Gäste immer in seiner Begrüßung ansprach, diesem Vorsitzenden und seinem mitarbeitenden Kollektiv, dem zu danken er bei seiner Verabschiedung nicht vergaß. Udo Hachmann hinterlässt große Fußspuren.

[Barbara Kaiser]