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Feuilleton

Mit Furor – Sommerakademie: 2. Akademiekonzert mit faszinierendem Schumann-Quintett

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Welche Leidenschaft! Was für ein Feuer! Hörte man einen Robert Schumann je so modern; als Gratwanderung, große Gefühle zu malen und an keiner Stelle den Kitsch auch nur zu streifen? Das zweite Akademiekonzert der diesjährigen Sommerakademie bot das Klavierquintett Es-Dur op. 44 genau auf diese Art! Das Stück Musikliteratur in dieser Aufführung kann getrost Faszination genannt werden.

Am Flügel saß ein enthusiastischer Gabriel Yeo (24) aus Hannover. Die Geigerin Friederike Remmel (22) aus Lübeck und die polnische Bratscherin Urszula Abramczuk (26) standen ihm zur Seite. Ergänzt wurde das Ensemble durch die Dozenten Stefan Hempel (Violine) und Mark Schumann (Violoncello).

Das Quintett ist ja eins der feurigsten und tieftraurigsten gleichermaßen. Musikwissenschaftler sehen in diesen Gegensätzen Schumanns literarische Lieblingsfiguren von Jean Paul, Florestan und Eusebius, am Werk. Tschaikowskij nannte den 2. Satz einen Trauermarsch, der „eine ganze Tragödie“ darstelle. Auf jeden Fall gehören gerade diese Noten an die Seite der langsamen Sätze von Beethovens Sinfonien Nr. 3 und 7! Das ist sphärisch, das ist zum Anbeten.

Und so musizierten die fünf Solisten dann auch, mit den zwei Seelen, die die Noten vorgeben. Nirgendwo Routine oder gar Renommiersucht – die Partitur böte genügend Möglichkeiten für letzteres. Nur detailversessene Hingabe und instrumentaler Reichtum. Aufbrausend wie stürmisch, zart wie nachdenklich. An jeder Stelle genau, gewissenhaft, gefühlssicher.

Der zweite Konzertabend hatte zunächst mit Ludwig van Beethovens Klaviertrio Es-Dur op. 1,1 aus dem Jahr 1795 begonnen. Beethoven leistete ja Pionierarbeit für diese Gattung, indem er nicht mehr das Klavier allein in den Fokus nahm, sondern auch dem Violoncello eine Eigenständigkeit und Gleichberechtigung zusprach. Bei der Pianistin, Norina Hirschi aus der Schweiz, scheint das nicht vollends angekommen, denn sie war in ihrem Spiel manchmal recht fürwitzig. Aber sie ist erst 19 Jahre alt und wird es noch lernen, dass Kammermusik immer Ensemblespiel und –leistung sein muss. Oskar Kaiser (24) an der Violine und Dozent Mark Schumann am Violoncello wussten sich aber zu behaupten.

Beim folgenden Duo für Violine und Viola G-Dur (KV 423) aus dem Jahr 1783 schuf Wolfgang Amadeus Mozart ein Werk, das die beiden Instrumente völlig gleichberechtigt gelten ließ. Die miteinander konzertierenden Stimmen sind kontrapunktisch dicht, der langsame Satz kann nur beseelt genannt werden.

Genau das Richtige für die beiden Dozenten Stefan Hempel (Violine) und Simone von Rahden (Viola). Nach dem vorangegangenen Beethoven machte ihr Spiel explizit den Unterschied aus. Voller Anmut und artistischer Brillanz, fröhlich fiedelnd am Schluss. Das Besondere war die Gelassenheit, der entspannte Umgang mit den Tempi, der flexible Dehnungen und Straffungen erlaubte, ohne dass die große Linie abbrach.

Es gab langen Beifall für alle Akteure am Ende. Obgleich er für den einen oder anderen Programmpunkt absolut zu Recht intensiver ausfiel.

Barbara Kaiser – 27. Juli 2021