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Kreativität auf Abstand – Das kleine Stadtatelier für Emofotologie und Selbsthilfefotografie

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Barftgaans: Wie ist eigentlich die Idee für das Titelbild entstanden?
Brigitte Schulz: Im Rahmen unseres emofotologischen Inklusionsprojektes wollten wir eigentlich zeigen, was wir für gestalterische Möglichkeiten haben und wie bunt Uelzen ist. Als die Coronaregeln uns weniger Spielraum ließen, hat sich die Idee mitentwickelt. Wir können auch auf Abstand gemeinsam kreativ und mutmachend aktiv sein. – Und damit das eine oder andere Lächeln hinter die Masken zaubern.

Eigentlich wollten wir dieses Painting als Schaufenster-Live-Act inszenieren, mit entsprechenden Dekorationen vor der Ateliertür. Coronaregelkonform und doch gut sichtbar: Mittwochmittags mitten in der Uelzener Innenstadt für und mit Uelzener*innen. Aber die Inzidenzzahlen waren so hoch, dass es auch kleinste Menschenansammlungen zu vermeiden galt. Da jedoch alles vorbereitet war, wollten wir zumindest das Coverfoto für „Barftgaans“ machen und haben das Ganze außer Sichtweite und ohne Terminnennung realisiert. Fräulein Schminke alias Anke Brinckmann hat mich bemalt und das goldene Schiff (Upcycling), die Marienkirche (Pappmaschee), die Stadtmauer, das Uelzenschild, den Bürgermeister, den grünen Kragen und, und, und gebastelt. Frauke Szameitat, die Kamera-expert-in und Fotografin meines Vertrauens, hat mich nach der Bestückung mit all den Uelzen-Accessoires fotografiert.

Barftgaans: Und was brütet ihr zurzeit aus?
Brigitte: Da wir die geplanten ganz großen Wir-Fotoaktionen vorerst nicht terminieren können, hoffe ich, dass die Einzelporträtaktionen möglich bleiben, die Stuhlgespräche vor der Ateliertür und die Interviews. Es gibt viele Menschen, die ihre Situation beschrieben und bebildert sehen möchten. Momentan sind es Geschichten, die auch von Einsamkeit, Selbstzweifeln und Coronadepressionen erzählen. Aber es gibt auch noch Geschichten, die bereits vor Corona aktuell waren. Demnächst fotointerviewe ich einen Mann, der sich bettelnd über Wasser hält und den ich in der Nähe unseres kleinen Stadtateliers immer wieder so sehe. Mit Ronja und ihrem Rollstuhl werden wir etwas über Barrierefreiheit und Selbstverteidigung machen. Auch möchte ich den Drehorgelspieler porträtieren, der Geld für soziale Zwecke sammelt. Vom Shooting mit der alten Taucherglocke aus dem Geschäft uns gegenüber bis hin zum Ganzkörperpainting vor unserer Ateliertür ist einiges geplant. In den nächsten Monaten werden auch Kaffeebohnen vor meine Kamera kommen. Neue Kooperationen haben sich ergeben, über die wir bald sprechen können. Wenn totale Kontaktsperre angesagt ist, halte ich über die sozialen Medien Kontakt, fotografiere Stillleben, texte oder kreiere Kostüme. Während Fräulein Schminke Objekte und Requisiten baut und bemalt. Sie hat übrigens auch die Eule mit dem Teststäbchen für das Testzentrum in der Stadtmitte gemalt.

Barftgaans: Du machst viel und alles ehrenamtlich. Wie schaffst du das?
Brigitte: Der Paritätische Uelzen ist mir als Schirmherr eine große Hilfe. Zudem wird meine Emofotologie in diesem Jahr auch von der Gerhard-Greyer-Stiftung großzügig unterstützt und auch wieder von expert Uelzen. Bis November zahlt Aktion Mensch die Miete für unser kleines Stadtatelier, damit wir vor Ort sein können. Und in Uelzen lässt es sich prima netzwerken. Schau, was ich allein für diesen bunten Tag aus unserer Nachbarschaft bekommen habe: Das Painting und die Accessoires, die Fotos von Frauke, ein Interview mit euch, eine Glatze von Avalon Mitte, Blumendekorationen von Blumen Paatsch, Fingerfood von Feldfrisch Catering, Perlenschmuck von Schöne Dinge, Masken und Desinfektionsspray von Karin Mühlenberg, Uhlenstones von Monika Leske und Regina Schrimpf. Meine Haut habe ich mit Pflegeartikeln aus dem Lavendelstübchen vorbereiten und danach mit Produkten von Atempause verwöhnen dürfen. Wobei Sibylle Kollmeier als onkologische Kosmetikerin mir auch noch einiges an Wissen über die Kraft der Farben vermittelt hat. Für mich als Schmerzpatientin hatten die Farben auf meiner Haut somit nicht nur eine künstlerische Bedeutung, sondern auch eine besonders wohltuende.

Barftgaans: Und wie machst du ab November weiter?
Brigitte: Bis dahin ergibt sich bestimmt etwas. Viele würde es freuen, könnten wir in der Stadt bleiben. Zum Jahresende werden wir auf alle Fälle – mit eurer Hilfe – ein Fotomagazin erstellen sowie zwei Songs einspielen, drei Ausstellungen arrangieren … Und wer weiß? Vielleicht dürfen wir eines Tages in einem großen Uelzen-Atelier mit anderen sozial und nachhaltig engagierten Kreativen zusammenwirken. Ich bin da ganz offen – die einzige Bedingung ist: Nicht ohne meinen Hund.
Barftgaans: Das versteht sich von selbst. Deine Pfotenfee Pfiffigenie ist ja auch schon bekannt wie ein bunter Hund.
Brigitte: Da sagst du was. Wenn wir durch Uelzen gehen, weiß ich schon, dass nie ich gemeint bin, wenn wieder gerufen wird: „Ach, die ist sooo niedlich!“