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In neuem Glanz

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Die Orgel von St. Marien ist saniert und neu gestimmt

Erik Matz‘ Augen strahlen fast heller als die sanierte Orgel. „Die Orgelbauer waren unheimlich fleißig“, schwärmt er, „sie waren in 14-Tages-Intervallen hier, haben Teile auch mitgenommen, die sich in der Werkstatt besser bauen lassen.“ Jetzt ist alles fertig. In einer unglaublich kurzen Zeit wurden die rund 3500 Pfeifen ausgebaut, gegebenenfalls repariert und gereinigt. Ebenso erstrahlt der Orgelprospekt wie neu; er ist der größte erhaltene des Orgelbauers Johann Georg Stein, der das Instrument im Jahre 1756 schuf.

Die „Königin der Instrumente“ in St. Marien blickt auf eine bewegte Geschichte zurück. Nach dem Krieg, in den Jahren 1951/54, wurde sie „barockisiert“, dem favorisierten Klang der Zeit angepasst. In den Jahren 1960/66 noch einmal um- und aufgerüstet, war das dann neobarocke Instrument statisch im Klang, der schnell ausgereizt war. Längst waren nicht alle Werke zu Gehör zu bringen, die man gerne spielen wollte, denn mit der Ankunft von Kantor Erik Matz in diesem Kirchenkreis (1995) begann eine sehr rege, anspruchsvolle und vor allem aufregende Konzerttätigkeit. Da wurde Orgelliteratur zu Gehör gebracht, von der man bis dahin kaum wusste. Seine Improvisationen zum Stummfilm „Ben Hur“ waren ebenfalls ein Konzerterlebnis.


Nach 2000/01 hatte der Kantor keinen Grund zur Klage mehr: Die klangliche und stilistisch Unzufriedenheit wurde ad acta gelegt – die Orgel war nach diesem erneuten Umbau ein wahres Meisterwerk für zahllose Hörerlebnisse. Das ist aber nun auch schon wieder 22 Jahre her. Obwohl im protestantischen Gotteshaus kein Weihrauch wabert, setzten sich doch Staub und Schmutz ab, knarrte es in so manchem Balg. Weil das abzusehen ist, sammelte die Kirchengemeinde seit 2016 bereits Spenden für die nun abgeschlossenen Arbeiten, die 74 000 Euro kosteten (ein Drittel kommt von der Landeskirche). Jetzt kann Erik Matz rundherum zufrieden sein, hofft er jedenfalls. „Seine“ Orgel, die nach der Sanierung 2001 eine Melange aus spätbarocker Klangvorstellung und der daraus erwachsenen deutschen Orgelromantik ist, ist auch optisch ein Juwel. Nur die Speicherung der Registrierung, also der Abfolge, mit der der Organist vorab den Klang festlegt, erfolgt noch auf Diskette. Ja, Sie haben richtig gelesen: Auf Diskette. An eine Änderung trauten sich auch die Fachleute der Orgelbaufirma Hermann Eule aus Bautzen nicht; zu groß ist die Furcht, es könnte etwas nicht kompatibel sein. Aber davon merkt der Zuhörer nichts!

Praktisch wieder neu eingeweiht wird das wunderbarste aller Instrumente am Sonntag, 26. März 2023, wo Kantor Matz um 17 Uhr das erste Konzert geben wird. Mit einem bunten Programm zwischen Bach und Max Reger, an dessen 150. Geburtstag es in diesem Monat zu erinnern gilt. Am 7. Mai 2023 wird dann das ausgefallene große Konzert aus dem Jahr 2020 nachgeholt (Corona!). Es erklingt Felix Mendelssohn-Bartholdys Lobgesang op. 52, die Sinfoniekantate für Soli, Chor, Orchester und Orgel aus dem Jahr 1840. Den Auftrag zur Komposition erhielt Mendelssohn vom Rat der Stadt Leipzig anlässlich der Vierhundertjahrfeier der Erfindung der Buchdruckerkunst. Als Warm-up gibt es noch George Bizets „Te Deum“, die fünfteilige Vertonung des Ambrosianischen Lobgesanges für Solisten, Chor und Orchester. Bizet komponierte es 1858 während eines Romaufenthaltes im Alter von noch nicht 20 Jahren. Auch in der Chorarbeit sei Corona überwunden, zeigte sich Erik Matz im Gespräch überzeugt und zuversichtlich.
Eine Orgel muss den Atem nehmen, wenn sie donnert, schwelgt und wühlt, und sie muss auch lächeln machen können, wenn sie sich im Pizzicato-Spitzentanz versucht. Freuen wir uns also auf viele schöne Konzerterlebnisse! [Barbara Kaiser]

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