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It's Trumann Kolumne

HERRSCHAFTSZEITEN

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Herrschaftszeiten. Das Wort kam mir beim Lesen der Nachrichten in den Sinn. Ebenso die Frage, wer oder was gerade über wen oder was herrscht. Beim Suchbegriff „alles beherrschendes Thema“ ahnte ich schon, dass es Corona sein würde. Überrascht war ich, als „allesbeherrschend“ zuerst zusammengeschrieben angezeigt wurde. Wie „zusammengeschrieben“. Dessen Richtigkeit war ich mir auch sicher. Anschließend war ich einmal mehr sicher, dass man nicht alles glauben sollte, was man im Internet liest. Obwohl ich über einen beträchtlichen Wortschatz verfüge, wie ich meine, will ich nicht vorgeben, die deutsche Sprache zu beherrschen. Einige Sprachpuristen mögen das noch von sich behaupten. ­Dudenredakteure tun es nicht mehr, wenn man den Nachrichten glauben darf. Sie folgten mehr dem Wandel der Sprache, als dass sie sie ­bestimmten. Deskriptiv statt normativ heißt das im Fachjargon, den ich schon gar nicht beherrsche. Und wie sieht es mit Selbstbeherrschung aus? Es soll keine Entschuldigung sein, aber die gelingt schon von Anbeginn des Menschengeschlechts nur mäßig bis gar nicht. Adam und Eva konnten sich nicht beherrschen, der Frucht vom Baum der Erkenntnis nicht widerstehen, und prompt hatten sie den Salat inklusive Dornen und Disteln, sowie die ihnen schmackhaft gemachte Erkenntnis inklusive Kopfzerbrechen und Gewissenskonflikten als Konsequenzen zu ertragen. Der erste Verschwörungspraktiker hatte den bis dahin ­vertrauensseligen mit seinem „Sollte Gott gesagt ?? Müsste es an dieser Stelle nicht „soll“ heißen? haben…?“ die Wahrheit und den Kopf verdreht. Und heute kann sich ein Süßwarenfabrikant aus Bonn, dank verführbarer Menschen mit mangelnder Selbstbeherrschung wie mir, erlauben, 300g-Tüten aus so dünnem Material herstellen zu lassen, dass sie beim Öffnen von oben bis unten aufreißen. Wiederverschließbare soll es wohl auch geben… Aber, Herrschaftszeiten, schon wieder leer! Auf der Suche nach dem Ursprung dieses Ausrufs las ich, es sei ganz anders gemeint gewesen als heuer gebraucht. Herrschaftszeiten sei nämlich, wohl verballhornt (wobei wiederum der Namensgeber dieser Vokabel aus Lübeck stammt), aus der Bitte frommer ­Bajuwaren entstanden: „Herr, schau auf d ́ Seitn“, mit anderen Worten: „Lieber Gott, guck mal zur Seite, guck mal weg jetzt.“ Dass dieser „fromme“ Wunsch nicht eben der gescheiteste ist, war bereits hier zu lesen. Herrschaufdseiten (Selbstermahnung), ich hab hier doch nur eine halbe Seite zur Verfügung! Gibt es eigentlich ein anderes, dem digitalen Zeitalter entsprechendes Wort für „verzetteln“? Das beherrsche ich nämlich – ach was, es beherrscht mich.

Jürgen Trumann