Geschichte trifft Moderne
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Fotos: Dirk Marwede
Ebstorf – mehr als nur ein Klosterflecken
Wer von Melzingen aus mit dem Auto oder dem Fahrrad Richtung Ebstorf fährt und kurz vor dem Ort nach links Richtung Wald schaut, der wird eine mächtige Eiche entdecken – ein Naturdenkmal, das die Jahrhunderte überstanden und die Entwicklung des Ortes miterlebt hat. Doch wer an Ebstorf denkt, dem fällt nicht dieser Baum sondern in erster Linie wohl das Kloster ein. Aber Ebstorf ist mehr, denn der Klosterflecken hat sich im Laufe der Jahrhunderte zu einem beliebten Wohnort „gemausert“, in dem es scheinbar an nichts fehlt. Ländliches Leben paart sich hier mit allen Annehmlichkeiten einer intakten Infrastruktur.
Kindergärten, Grund-, Haupt- und Oberschule, Spielplätze und ein breitgefächertes sportliches Angebot machen das Leben gerade für junge Familien in Ebstorf so attraktiv. Von A wie Apotheke bis Z wie Zweiradladen werden vor Ort alle Wünsche erfüllt. Ein vielfältiges Angebot für alle Dinge des täglichen Bedarfs erspart zudem lange Wege. Ob Bücher oder Bekleidung, ob Deko oder Spielzeug – wer in Ebstorf lebt, findet all dies und noch viel mehr in unmittelbarer Nähe. Freitags lockt der Wochenmarkt mit seinem Frischeangebot auf den Winkelplatz, der auch für die unterschiedlichsten Veranstaltungen genutzt wird.
Über die Jahrhunderte hat sich Ebstorf seinen Charme bewahrt. Das offenbart sich im Ortszentrum rund um das Kloster. Alte Fachwerkbauten wie die mehrere hundert Jahre alte Amtsscheune sind echte Hingucker. Doch die Klosterkirche mit ihren Schätzen stellt alles andere – und dies nicht nur wegen ihrer Größe – in den Schatten.
Berühmtheit über die Region hinaus hat die sagenumwobene Weltkarte, die auf ihre Art einzigartig ist. Die mittelalterliche Karte, die aus 30 zusammengenähten Pergamentblättern besteht, zeigt Jerusalem als Mittelpunkt. 1830 in einer Abstellkammer gefunden, durch Mäusefraß und Herausschneiden eines Teils beschädigt, ist sie doch von unschätzbarem Wert. 1943 fiel sie einem Brand zum Opfer, deshalb existiert heute nur noch eine Reproduktion mit über 2300 Bild- und Texttafeln.
Viele weitere Kunstschätze sind in der Klosterkirche zu finden, so unter anderem ein hölzerner spätgotischer Altar im Nonnenchor, der Hochaltar von 1684, eine Pieta (um 1400), eine Mondsichelmadonna (um 1500) und diverse Glasmalereien. Wenn bei den Gottesdiensten die Orgel spielt, ist die ganze Erhabenheit der um 1400 erbauten Klosterkirche zu spüren. Erwähnt wurde das heutige Frauenkloster übrigens erstmals Ende des 12. Jahrhunderts.
Rund um die Kirche finden sich noch einige geschichtsträchtige (Fachwerk-) Häuser, laden Gastronomiebetriebe zum Verweilen ein. Boulespieler messen sich auf dem Winkelplatz, hinter dem Schützenhaus am Ortsrand geht es beim Tennis um Spiel, Satz und Sieg. Nur wenige Schritte weiter haben alle Badefreunde Spaß und Spiel im beliebten Frei- und Hallenbad „wald@mar“. Das wird auch gerne von den Campern auf dem danebenliegenden Campingplatz genutzt. Sportfans bietet der Turn- und Sportverein Ebstorf ein vielfältiges Angebot, viele andere Vereine laden außerdem zum Mitmachen ein. So wie etwa die traditionsreiche Schützengilde, die bereits seit 1289 besteht und deren alljährliches Schützenfest ein Highlight im jährlichen Veranstaltungskalender ist.
Handel, Handwerk und Gewerbe haben sich in Ebstorf niedergelassen und tragen zur Attraktivität des Klosterfleckens bei.
Die Nähe zur Natur ist eine der vielen Stärken des 5500-Einwohner Ortes. Am Winkelplatz im Ortszentrum ist es die Touristinformation, die Möglichkeiten zeigt, den Wald, die Wiesen und die Felder auf eine besondere Art und Weise zu erkunden. Der mehr als 200 Hektar große Bobenwald ist ein Naturschutzgebiet, das zum Wandern und Spazierengehen einlädt. Der Auferstehungsweg, der Schöpfungsweg und der Inspirationsweg laden alle Naturfreunde dazu ein, die abwechslungsreiche Landschaft und die schöne Umgebung zu erwandern und so ganz nebenbei sich selbst zu erfahren. Am rund vier Kilometer langen Auferstehungsweg, der in Hanstedt I beginnt, finden sich Bilder des Künstlers Werner Steinbrecher, der viele Jahre im nahegelegenen Allenbostel lebte und arbeitete. Innehalten, die Zeit einen Moment stillstehen lassen, dazu lädt auch der anschließende, knapp sechs Kilometer lange Schöpfungsweg ein, der von Ebstorf weiter zum Baum- und Naturgarten Arboretum in Melzingen führt. Am Kloster Ebstorf beginnt der sieben Kilometer lange Inspirationsweg mit 15 großformatigen Tafeln, die menschliche Gefühle widerspiegeln und immer wieder die Frage nach dem Lebenssinn stellen.
Dies alles und noch viel mehr gilt es zu entdecken und steht für die Lebensqualität des geschichtsträchtigen und zugleich auch modernen Ortes.
[Dirk Marwede]