Europawahl: 9. Juni 2024
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Foto: Evgeniia – stock.adobe.com
Wählen zu gehen ist das höchste Privileg in einer Demokratie
„Es geht nicht ohne Dich“ heißt es im Song „Demokratie“ von der Band „Die Ärzte“. Anfang April wurde die Single aus dem schon 2021 erschienenen Album „Dunkel“ in Hinblick auf die anstehende Europawahl veröffentlicht. Es ist ein Aufruf, wählen zu gehen.
Ach ja, die Europawahlen. Vom 6. bis zum 9. Juni wird in allen EU-Mitgliedsstaaten das nächste Europaparlament gewählt, bei uns in Deutschland am 9. Juni. Die EU – vielen fällt dazu der Krümmungsgrad von Salatgurken, die Abschaffung der alten Glühbirnen oder zu hohe Umweltauflagen für die Landwirtschaft ein. Negativbeispiele für die „Regulierungswut“ der Europäischen Union hat jeder schnell parat. Wenn es um die Vorteile der EU geht, müssen viele erst überlegen, so selbstverständlich sind sie inzwischen geworden: Wir können mit dem Euro in vielen europäischen Ländern bezahlen und müssen nicht mehr umständlich vor dem Urlaub Geld wechseln. Wenn wir aus EU-Staaten mit dem Handy nach Hause telefonieren, fallen keine Roaming-Gebühren mehr an. Wir können problemlos in anderen Mitgliedsstaaten studieren und arbeiten – und das sind nur einige Beispiele, wie die EU das Leben ihrer Bürgerinnen und Bürger verbessert hat.
Auch ganz konkret profitieren die Menschen im Kreis Uelzen von EU-Projekten: Die sieben Elektrobusse in Uelzen wurden von der EU gefördert, sie ersetzen seit März 2023 die früheren Dieselbusse. Die Jugendwerkstatt Uelzen der Woltersburger Mühle wird unterstützt, Jugendlichen mit besonderem Förderbedarf wird so der Einstieg ins Berufsleben erleichtert, der Umbau des Sommerbades in Stadensen wurde ebenfalls mit Geldern der EU finanziert. Für LEADER-Projekte werden für den aktuellen Zeitraum 2023 bis 2027 rund 3,3 Mio. Euro aus dem aus dem Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums(ELER) zur Verfügung gestellt. Für viele ist die Europäische Union trotzdem ein fernes Raumschiff, Großbritannien ist nach dem Votum der Briten und Britinnen schon ausgetreten, Politiker und Politikerinnen in einigen Mitgliedsstaaten wollen ebenfalls raus aus der EU – warum also zur Europawahl gehen? Weil das die Chance ist, Einfluss darauf zu haben, wie die EU-Politik der nächsten fünf Jahre gestaltet wird und zu bestimmen, wer die Bevölkerung im Europaparlament vertritt. 720 Sitze sind zu vergeben, 96 Abgeordnete kommen aus Deutschland, das ist die größte Gruppe, aus Frankreich kommen 81, aus Italien 76 – die Anzahl hängt davon ab, wie groß die Bevölkerung eines Staates ist.
Die Programme zur Europawahl liegen längst vor. Zugelassen zur Wahl sind in Deutschland insgesamt 35 Parteien und andere politische Vereinigungen. Da die CSU nur in Bayern antritt, die CDU dort aber nicht, stehen 34 Parteien auf dem Wahlzettel. Sicherheits- und Außenpolitik stehen im Zentrum von CDU/CSU, FDP und Grünen. Die FDP verspricht zudem, die Bürokratie in der EU abzubauen. Die SPD will u. a. die Demokratie schützen, wie die Linke auch, Klimaschutz ist für SPD, Grüne und Linke wichtig. AfD und die neue Partei BSW (Bündnis Sahra Wagenknecht) wollen die EU hingegen komplett umbauen. Die ganzen Programme zu lesen schafft kaum einer – der Wahl-O-Mat zur Europawahl kann helfen, sich für eine Partei zu entscheiden. Seit dem 7. Mai kann er online genutzt werden.
Zum ersten Mal dürfen in Deutschland 16-Jährige wählen, ob das dazu führt, dass eher grüne oder liberale Parteien bei uns mehr Stimmen bekommen, bleibt abzuwarten. Zum einen hat sich herausgestellt, dass auch Jüngere verstärkt rechtspopulistische Parteien wählen, zum anderen macht diese Altersgruppe nur wenig von ihrem Wahlrecht Gebrauch. Dabei ist die Wahlbeteiligung bei Europawahlen ohnehin schon deutlich niedriger als bei Bundestagswahlen – 2019 lag die Wahlbeteiligung bundesweit bei 61,4 % (2014: 48,1 %) und im Kreis Uelzen bei 61,7 % (2014: 49,9 %). Immerhin ein deutliches Plus zu den Wahlen davor. Es gibt auf politischer Ebene viel zu entscheiden in den nächsten Jahren. Expertinnen und Experten sind sich einig, dass die Welt vor großen Herausforderungen steht (Klimawandel, Migration und Terrorismusbekämpfung sind nur einige davon) und dass die EU als Institution mehr erreichen kann als die 27 Mitgliedsstaaten jeweils alleine. Freiheit, Frieden und Wohlstand sind nach Überzeugung der großen Parteien in Deutschland nur durch die Zusammenarbeit mit unseren Nachbarländern zu garantieren. Sie sehen ein großes Problem darin, dass vermehrt Parteien ins EU-Parlament einziehen, die die EU schwächen oder ganz abschaffen wollen, wie z.B. die AfD oder der französische Rassemblement National. Rechtsgerichtete Parteien verfügen im EU-Parlament aktuell über 139 Sitze, es könnten mehr werden, weil die EU-Wahlen auch
dafür benutzt werden, den nationalen Regierungen Denkzettel zu verpassen – und unzufriedene Menschen wählen aktuell vermehrt rechts.
Auch das ist möglicherweise ein Grund für die Ärzte gewesen, das Lied als Single zu veröffentlichen: „Und falls du dich jetzt fragst, wie man die Welt verbessern kann. Wie wär‘s mit Wählen gehen? Dein Kreuz gegen Hakenkreuze, damit fängt es an“ heißt es in „Demokratie“. [Sascha Fobbe]
Mehr Infos zur Europawahl Wann ist die Wahl? Wie nehme ich teil? Antworten auf diese und weitere Fragen.
https://elections.europa.eu/de/how-to-vote/de/
Warum sollte man wählen gehen?
https://www.bundesregierung.de/breg-de/schwerpunkte/europa/europawahl-warum-waehlen-2251790