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Allgemein Feuilleton

Der Bücherfreund

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Foto: Barbara Kaiser

In der Uelzener Antiquariatsbuchhandlung Klau zu Gast 

Verbindet Eckhard Klau eigentlich etwas mit dem berühmten Fernsehantiquar Georg Wilsberg? Ob der Uelzener Krimis mag, haben wir nicht besprochen, als ich ihn nach 20 Jahren wieder einmal besuchte in seinem Schatzkeller an der Turmstraße. Das Genre um Mord und Totschlag findet sich dort nicht. Genauso wie man Trivialliteratur, Taschenbücher und Buchklubausgaben vergebens suchen wird. Die vertretenen Fachgebiete sind ein wahrhaftes Bollwerk des Wissens, aber: Hier steht „was wir kriegen können und was über den Tag hinaus Bestand hat“, erklärt Klau. Die Leidenschaft für Bücher teilt er auf jeden Fall mit Wilsberg; er ist für manches Bonmot oder das eine oder andere Zitat gut, wozu man wiederum nur in der Lage ist, wenn man ungeheuer belesen und ein Jäger und Sammler in Sachen Buch ist.

„Ein Buch muss die Axt sein für das gefrorene Meer in uns“, meinte Franz Kafka. Und Jean Paul könnte das ergänzt haben, wenn er der Ansicht war: „Bücher machen nicht gut oder schlecht, nur besser und schlechter.“ Letztlich ist ja jede Sammelleidenschaft ein Moloch, der sich in Freizeit und Portemonnaie frisst, und zu der ein bisschen Besessenheit gehört.

Als alle Räume aus den Nähten platzten, meldete Eckhard Klaus Frau Silke, Buchhändlerin von Beruf, das Gewerbe für ein Antiquariat zum 1. Januar 1989 an. Aus Kellern und Schränken quollen Schriftgut und Bücher, ein ehemaliger Stall bot komfortable sechs Quadratmeter voller Regale und war eigentlich von Beginn an zu klein. Der Anbau am eigenen Haus in Holdenstedt, der mit 26 Quadratmetern wahrhaftigen Luxus an Raum bot, ebenfalls. Seit 25 Jahren (1998) gibt es nun das Quartier an der Turmstraße, das an jedem Samstag zwischen 10 und 12 Uhr Besucher empfängt, das eine „Anlaufstelle“ sein soll für einen Klönschnack, für Bücherliebhaber, für Suchende in Sachen Literatur.

Mit einem großen Bestand an landeskundlicher Literatur fühlt sich das Antiquariat besonders Uelzen und Umgebung verpflichtet. Neben ganz viel Belletristik und zahlreichen Lyrikbänden finden sich natürlich auch (Auto)Biografien, Nachschlagewerte für zahllose Fachgebiete, Publikationen über Architektur, Landwirtschaft, Jagd und Tiere, Märchen und Sagen und und und… Schön kolorierte historische und sehr dekorative Landkarten ergänzen den Bestand ebenso wie Atlanten, Flugblätter, alte Werbung, Quartette, Kleinschriften und so manches Kuriosum.

Eckhard Klau (*1956) ist ein aufgeschlossener, im forschenden Sinne neugieriger Mensch. Und für den Satz „Nach der Rückkehr war mein Leben anders geworden“ muss man ihn hoch schätzen. Gesagt hat er diese Worte in der Erinnerung an einen Besuch in Bergen-Belsen, wo er, 14-jährig, im Jahr 1970 das erste Mal eine Ahnung vom Ausmaß der faschistischen deutschen Verbrechen bekam. Die Zeit 1933 bis 1945 ließ ihn nicht mehr los. Er verweigerte den Dienst mit der Waffe, ging im Rahmen der „Aktion Sühnezeichen“ nach Israel (1976/78). Seine Auseinandersetzung mit dieser braunen Zeit auch in Uelzen (die Versäumnisse, Relativierungen und Verharmlosungen vor Ort) lässt ihn sich immer wieder auch schriftlich dazu äußern (siehe z.B. „Heidewanderer“ 16.02.2019).

Eckhard Klau, Jahrgang 1956, ist ein leidenschaftlicher Bücherliebhaber.

 

 

 

Klau ist ein Mensch, der sich in den Büchern nicht vergräbt, im Elfenbeinturm hockt, Realität ignoriert. Er arbeitet damit. An Erkenntnisgewinn, für Wissenserweiterung. „Unsere Bücher vertragen sich alle“, lächelt er, als müsse er erklären, warum in seinem Antiquariat auch Machwerke von Albert Speer neben den Kriegstagebüchern von Konstantin Simonow stehen. Inzwischen läuft ein Verkauf von Literatur ja hauptsächlich über das Internet. Man wird erfreulich schnell fündig und es gibt fast alles. Nachdem der Bücherfreund im Jahr 2016 seine bis dahin auf 25.000 Bände angewachsene Sammlung an jemanden abgab, der sich ein berufliches Standbein aufzubauen gedachte, sind nun schon wieder 15.000 Bücher zusammengekommen. Auf der Internetplattform www.booklooker.de ist er angemeldet. Denn seine Uelzener Mitbürger scheinen nicht die großen Leseratten zu sein. Aber – und hier spreche ich durchaus aus eigener Erfahrung – man hat ja Bücher auch, um sich daran zu erfreuen, sie zur Hand zu nehmen, hin und wieder darin zu blättern. Man taucht daraus immer ein bisschen schlauer wieder auf, ein Hinweis hier gebiert eine andere Suche dort… So verstanden, könnte man Stunden zwischen Eckhard Klaus Regalen verbringen!

Ein anderer Schatz des Antiquariats wird Uelzen leider demnächst verlassen: Wohl geordnete und sortierte 15.000 Exemplare der „Allgemeinen Zeitung“ der Jahrgänge von 1950 bis 1978. Es fand sich in dieser Stadt niemand, der sich dieses Erbes annehmen wollte; Eckhard Klau ordnet nämlich langsam eine Nachfolge. Mir schenkte er zum Abschied die Ausgabe meines Geburtstages, ein Kuriosum aus der Sicht der Jahrzehnte, das ich in Ehren halten werde. Diese alten Zeitungen sind nicht nur für Geschichtsinteressierte eine Fundgrube, sie sind auch ein hübsches Geschenk für ein Jubiläum. Falls Sie, liebe Leserinnen und Leser, also noch so eine Rarität wollen, müssen Sie sich beeilen. Der Fundus verlässt die Stadt, die damit (wieder) eine Chance vergibt. [Barbara Kaiser]

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