Schon das erste Stück des Programms sollte die Zuhörer für sich eingenommen haben: Das drängende, schwelgende, seufzende „Leise flehen meine Lieder“ von Franz Schubert. Zu Gast im 2. St.-Marien-Sommerkonzert war das Duo Sappitatti, hinter dem Luisa Piewak und Simon Gutfleisch stehen. Sie an der Flöte, er an der Gitarre. Dieser Schubert war vertonte Zärtlichkeit. Welch satter Ton der Flöte, welch sichere Läufe. Auf den Punkt das Zusammenspiel.
Man kam irgendwie mit seinen schweifenden Gedanken – das Konzert lud überhaupt dazu ein, sich zurückzulehnen und zu träumen – zum „Land, wo die Zitronen blühn“. Was natürlich Quatsch ist bei Musik der deutschen Romantik. Trotzdem war das der Sound weicher, lauschiger (italienischer) Nächte. Vier weitere Schubert-Lieder ergänzten den ersten Block, bei dem sich glücklicherweise kein Zuhörer traute, die sinnliche Spannung, das heitere Schweben durch Beifall zu unterbrechen.
Der zweite Programmpunkt sprang fast 150 Jahre nach vorn: Arvo Pärt schrieb „Spiegel im Spiegel“ für Violoncello und Klavier im Jahr 1978. Das Kompositionsprinzip enthält zwei Elemente: Tonleiterbewegungen (Cello) und Dreiklangsstrukturen (Klavier). Dass das Stück mit Gitarre und Altflöte erklang, tat ihm keinen Abbruch. Die Akustik des Kirchenraumes kam dem zusätzlich entgegen. Es war ein wunderbar sanftes Legato-Andante.
Vor die „Carmen Fantaisie“ nach George Bizet setzten Piewak und Gutfleisch das „Entr`Acte“ aus der gleichnamigen Oper. Es ist das kurze Vorspiel zum 3. Akt, als Carmens und Josés Welt noch in der Ordnung scheint. Seltsamerweise denkt man bei diesen Noten an Peer Gynt und die „Morgenstimmung“ aus der Suite von Edvard Grieg.
Mit der Moderation zur abschließenden „Carmen Fantaisie“ taten sich die zwei jungen Musiker keinen Gefallen. Weil man ein Konzert auch zerreden kann. Mit seltsam-fragwürdigen Requisiten erzählte Luisa Piewak die Handlung nach, unterstützt durch kurze Intonationen auf der Gitarre durch Simon Gutfleisch. Nun darf man davon ausgehen, dass jeder die berühmteste aller Carmens kennt, so wie er die Habaňera „Ja, die Liebe hat bunte Flügel“ oder das Auftrittslied des Escamillo mitsummen kann. So war man am Ende froh, als es endlich mit der Musik weiterging.
Das jedoch, wie die ganzen 60 Minuten hindurch, funktionierte in kongenialem Miteinander, das an keiner Stelle schrillte oder quakte. Dass der Auftritt für die Flöte oft Renommierstück war, blieb angesichts der brillanten Absolvierung zweitrangig. Die Gitarre begnügte sich oft mit der verlässlichen Begleitung. Der Beifall am Schluss war verdient.
In einer Woche sitzt Kantor Erik Matz selber an der Orgel. Er verspricht „Fantasievolles für Orgel“ von Bach, Viérne und Reger. Samstag, 17. Juli 2021, 16.45 Uhr, St. Marien.