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Von Ostereiern, Hasen und Bruderhähnen

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Wo kommt es her, das bunte Ei? Und warum es eine Initiative für Brudertiere braucht

Mit dem Ei fängt alles an, dieser Beitrag auch und da bald Ostern ist, gibt‘s ein Spotlight auf das bunte Ei! Ganz einig sind sich die Historiker nicht, aber in vielen Kulturen ist das Ei traditionelles Symbol der Fruchtbarkeit, neuen Lebens und der Wiedergeburt. Ein praktischer Grund zieht sich durch die Historie, während der siebenwöchigen Fastenzeit vor Ostern begannen die Hennen nach ihrer natürlichen Legepause im Winter wieder Eier zu legen. Das nur am Rande, mit modernen Haltungsmethoden und beheizten Ställen haben wir die Legepause in der kalten Jahreszeit „ausgehebelt“.
Zurück zum Ei: Die Hühner legen also wieder, die Menschen fasteten aber. Eier zu kochen, um sie haltbar zu machen, war die Lösung, dieses kostbare Lebensmittel während der Fastenzeit nicht verderben zu lassen. Damit sie von den frisch gelegten Eiern unterschieden werden konnten, wurden sie eingefärbt.
Und nun zum Hasen: Er gilt als Sinnbild der Fruchtbarkeit und wurde daher auf österlichen Bildern und Bildsymbolen zusammen mit Eiern abgebildet. Der Hase ist auch das Tiersymbol für Christus und gilt als Mondtier – das Osterfest wird am Sonntag des Frühlingvollmondes gefeiert. Der Brauch des Eiersuchens hat zudem dazu geführt, dass Hasen aufgescheucht wurden beim Suchen der bunten Eier im Gras, keine Hennen. So kam es, dass die Langohren bei den Kindern als die Tiere galten, die die Eier versteckten …

Das Ei und der Bruderhahn

Seit einem guten Jahr ist das Kükentöten in Deutschland verboten – am 20. Mai 2021 hat der Deutsche Bundestag das Gesetz des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft zum Verbot des Kükentötens beschlossen. Damit war Deutschland weltweit Vorreiter auf diesem Gebiet. Zwei der Menschen, die maßgeblich dazu beigetragen haben, dass dieses Thema in den Fokus der Öffentlichkeit gelangt ist, kommen aus dem Landkreis Uelzen, vom Bauckhof Klein Süstedt: Carsten Bauck und Yanic Arndt.
Dass durch die neue Gesetzgebung das Töten von einem Tag alten Küken verhindert wird, ist an sich gut, aber die Realität zeigt sich kompliziert. 42,9 Millionen Legehennen legten im Jahr 2020 12,9 Milliarden Eier*. Für jede Legehenne schlüpft also ein männliches Küken. Die Küken wurden sofort nach dem Schlüpfen nach Geschlecht sortiert und die männlichen Küken der Legehennenzuchtlinie getötet.
Der Grund: Sie sind ökonomisch nicht tragbar – egal ob bio oder konventionell. Das liegt daran, dass sich nach dem zweiten Weltkrieg die Ziele der Zucht auseinander entwickelt haben. Das eine Zuchtziel setzt auf schnellen und starken Fleischansatz für die „Brathähnchen“ (beide Geschlechter) und das andere auf eine hohe Legeleistung für die Legehennen, also viele Eier im Jahr. Da bleibt der Bruder ohne Aufgabe, hat aber körperlich die Merkmale seiner Schwester, die eines Hochleistungsportlers – schlank und drahtig, vor allem aber wenig Brustfleisch, dass nach wie vor bei den Verbraucher*innen stark nachgefragt ist. Eine Landwirtschaft die sozusagen tierischen Abfall produziert, ist keine Kreislaufwirtschaft, das war für das Team des Bauckhofs inakzeptabel.

Der erste Schritt: Die Aspekte der Wirtschaftlichkeit können aber nicht ignoriert werden, dieses Problem wurde in einer partnerschaftlichen Runde diskutiert mit Naturkost Elkershausen, Naturkost Erfurt und Naturkost Nord – der Impuls für die Bruderhahn- und heutige Brudertierinitiative. Mit Aufklärungs- und Vermarktungsaktionen wurde und wird erfolgreich auf das Problem aufmerksam gemacht: „4 Cent für die Ethik“ – ein Aufpreis auf Eier von Hennen, mit dem ihre Brüder aufgezogen und vermarktet werden konnten.

Der zweite Schritt: Die Gründung der ÖTZ 2015 – der ökologischen Tierzucht gGmbH ist der erste Schritt zurück zum Zweinutzungshuhn gewesen, die ersten Züchtungsversuche begannen unter anderem auch auf dem Bauckhof in Klein Süstedt.

Die ersten Erfolge: Die ersten Zweinutzungshühner – ÖTZ „Cream“ und ÖTZ „Coffee“. Als Mast- und Zweinutzungshuhn hat sich die ÖTZ „Bresse“ Gauloise (weiß) bewährt. Die ÖTZ Caramel befindet sich noch in der Prüfungsphase, entwickelt sich aber vielversprechend zu einem modernen Zweinutzungshuhn aus alter Rasse. Mehr dazu unter oekotierzucht.de

Neue Probleme tauchen auf

Mit dem Verbot des Kükentötens folgen sie stante pede: Das Verfahren zur Bestimmung des Geschlechts im Ei (In-Ovo-Selektion) ist erst ab dem 9. Tag möglich – diese Eier werden dann „entsorgt“. Auch das soll ab 2024 verboten werden, da der Kükenembryo dann schon Schmerz empfindet. Als Demeter-Betrieb ist sich das Team auf dem Bauckhof Klein Süstedt einig: „Für uns kommt nur die Aufzucht der Bruderhähne in Frage. Auch die Selektion ist für uns ethisch nicht vertretbar. Daher setzen wir auf die Zucht von Zweinutzunsgrassen.“ – Die meisten Bioverbände haben sich auch gegen die In-Ovo-Selektion ausgesprochen, sodass für Verbandsbio-Eier alle Hähne mit aufgezogen werden (Ausnahme laut oekolandbau.de Biopark und Ecoland).
Und – nicht alle Hühnerbrütereien können sich dieses Verfahren leisten. Aufgrund der Gesetzgebung haben einige – vor allem kleine – Brütereien aufgegeben und geschlossen. Es bleiben statistisch immer noch rund 43 Millionen männliche Legehennen auf der anderen Seite stehen. Für die es jetzt theoretisch Ställe geben muss, damit sie aufgezogen werden können und die dann auch von den Verbraucher*innen und der weiterverarbeitenden Lebensmittelindustrie gekauft werden müssen.

Den Bruderhähnen auf der Spur

Panorama 3, das Politik-Magazin des NDR ging dieser Frage nach: „Kükentöten trotz Verbot? Auf der Spur der Bruderhähne“ und besuchte unter anderem auch den Bauckhof Klein Süstedt. Ein sehenswerter Beitrag zum Thema, der auf die Missverhältnisse zwischen Gesetzgebung und Realität hinweist. Deutlich wird, dass ethische Prozesse in einer globalisierten Welt nicht nur in Ländergrenzen gedacht werden können. Das Problem verlagert sich nun größtenteils ins europäische Ausland.

Verbraucherverantwortung

Der Verbraucher ist gefragt. Jeder Einzelne von uns steht am Ende der „Nahrungskette“ und hat somit beim Kauf eine Mitent-
scheidung, welche Prozesse in der Lebensmittelwirtschaft vorangegangen sind. Natürlich ist das nicht immer einfach und sicherlich auch nicht immer machbar, aber wenn wir können, sollten wir die Entscheidung bewusst treffen! Und beim Einkauf auch einmal nachfragen, unsere Landwirte dabei unterstützen, faire und nachhaltige Lebensmittel zu erzeugen, die auch angemessen bezahlt werden!
Lassen Sie sich Ihr Osterei nicht vermiesen, sondern nehmen Sie es nochmal als das Besondere war, was es ist – ein Zeichen von Leben! [Eva Neuls]

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