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It's Trumann

Schön

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„Sie haben schöne Augen“, behauptete eine afghanische Bekannte – und meinte damit den Blick, der ihre Arbeit und die Welt wohltuend wohlwollend betrachtete. Schön.

 „Hässlich wie die Nacht“, urteilte der Mann am Cafétisch hinter mir, sei eine ihm Bekannte, wenn sie nicht geschminkt ist. Ob er selbst irgendeinem Schönheitsideal entsprochen hätte, weiß ich nicht. Es gibt ja die unterschiedlichsten Vorlieben. Ich hatte mich nicht nach ihm umgedreht. Hässlich war, was er sagte. Nicht schön. Nach meinem Empfinden. In meinen Ohren.

Hin und wieder komme ich in der Kirche neben einer Person zu sitzen, der es nicht gegeben ist, den richtigen Ton zu treffen und die Tonlage zu halten. Ich finde dann nicht schön, wie sie singt. Aber dass sie singt, aus tiefstem Herzen und ganz bei der Sache, das ist schön. Und ich bin überzeugt, dass der, dem ihr Gesang gilt, es auch schön findet. Wie junge Eltern üblicherweise das erste Gekritzel ihres Kindes schön finden und sagen „Schön! Gut gemacht!“ oder entzückt sind, wenn ihm die ersten Wörter „niedlich“ falsch ausgesprochen über die Lippen kommen. 

In diesen Wochen bereiten Himmelfahrt und Pfingsten uns wieder ein paar freie und Feier-Tage. Pfingsten ist der Geburtstag der christlichen Kirche, heißt es. Diese Kirche hat sich, leider Gottes, in ihrer Geschichte viel Unrühmliches, viel Hass und viel Hässliches geleistet. Nicht niedlich. Nicht schön. Das war nicht im Sinne des Erfinders und Gründers. Glaube, Hoffnung und allem voran die Liebe waren ihr eigentlich ins Stamm-Buch geschrieben. Die Gebrauchsanleitung zu ignorieren, kann gut gehen. Kann aber auch schaden, wie wir merken müssen.

Hässlich, hassen und hetzen, „sich stürzen auf“, sind Verwandte, wie das Herkunftswörterbuch weiß. Schön, wenn es Menschen gibt wie Herman van Veen, die dann freundlich widersprechen, wenn das negative Fremdbild zum Selbstbild wird: „Du hast Augen die nicht tot sind, nicht von Stumpfheit bedroht sind… Wie kannst du von dir sagen: Nein, schön bin ich nicht?“

Liebe, Freude und Zufriedenheit machen schön, lassen einem das Gegenüber schön erscheinen und auch einen selbst. Auch auf Charme soll das zutreffen: „Charme ist die Fähigkeit, andere vergessen zu lassen, dass du aussiehst, wie du aussiehst“, ist von dem Schauspieler mit dem „zerknautschten“ Gesicht, Jean-Paul Belmondo, überliefert – dessen Name lässt sich auf Deutsch mit Schönewelt übersetzen. [Jürgen Trumann]