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Rechtzeitig Vorsorgen

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Foto: H.-J. Franke

Notvertretung bei Ehegatten ohne Vollmacht?

Sie war sich so sicher. Schließlich ist sie seit vielen Jahren seine Ehefrau, seit Jahrzehnten. Doch als ihr Ehemann plötzlich ins Koma fällt, muss die alte Dame eine schmerzliche Erfahrung machen: In all den Jahren hatte sie nie Vollmacht über das gemeinsame Konto erhalten, bekam von ihrem Mann stets ein „Taschengeld“. Jetzt kann er es ihr nicht mehr aushändigen. Und die alte Frau muss für jede noch so geringe Auszahlung beim Amtsgericht vorsprechen. Denn um das Thema Vorsorge hatte sich das Paar nie gekümmert.
Fälle wie diese kennt der Bad Bevenser Rechtsanwalt und Notar Hans-Jürgen Franke zur Genüge.  „Dass der Ehepartner im Ernstfall automatisch alle Befugnisse hat, ist ein Irrglaube“, warnt er. Zwar kann sich ab diesem Jahr der andere Ehepartner für den Notfall auf das neu geschaffene Notvertretungsrecht des § 1358 BGB berufen. Dieses ist allerdings an enge Voraussetzungen gebunden, auf Gesundheitsangelegenheit beschränkt und greift nur maximal 6 Monate. Deshalb gilt nach wie vor: Wer sich nicht um einen Vorsorge-Bevollmächtigten gekümmert hat, landet in aller Regel in einer gerichtlichen Betreuung. Das damit einhergehende Prozedere kann nicht nur „mühselig“ für die Angehörigen sein, so Franke, sondern es kann passieren, dass ein völlig fremder Mensch Entscheidungen trifft, die man selbst nicht mehr treffen kann und auch niemals in der Art und Weise getroffen hätte. 

Seit nunmehr mehr als zwanzig Jahren informiert der Notar Hans-Jürgen Franke in Vorträgen in Zusammenarbeit mit dem Diplom Sozialarbeiter/Sozialpädagogen und langjährigen Vereinsberufsbetreuer Eberhard Stock über die Themen Vorsorgevollmacht und Betreuungsverfügung. „Das Bewusstsein dafür hat deutlich zugenommen“, so Franke. In der Gesellschaft sei die Selbstbestimmtheit ein großes Thema geworden. Dennoch steigen nach wie vor die Zahlen der gerichtlich verfügten Betreuungen, weil immer noch viel zu wenige Menschen Vorsorgevollmachten erteilen. Laut einer Studie des Bundes wären durchaus bis zu 15 Prozent  aller Betreuungsverfahren bei Gericht vermeidbar.
Notar Hans Jürgen Franke räumt mit einem weiteren Irrglauben auf: „Man entmündigt sich mit einer Vorsorgevollmacht nicht, sondern trifft in gesunden und geschäftsfähigen Tagen persönlich Vorsorge für den Fall, dass im Falle einer Notsituation alle oder bestimmte Aufgaben erledigt werden“.
Denn von jetzt auf gleich kann alles sein. Gesundheitliche Schicksale, die das bisherige Leben aus den Fugen heben können, machen vor niemandem Halt. Sie scheren sich nicht um Alter, nicht um Herkunft. Sie geschehen einfach und reißen die Betroffenen und auch deren Umfeld aus ihnen doch so sicher geglaubten Bahnen. Mit einer Vorsorgevollmacht beteilige man eine dritte Person – am besten sogar drei bis vier Vertraute, rät Franke. Der Notar empfiehlt dabei eine General-/Vorsorgevollmacht nebst Patienten- und Betreuungsverfügung zu formulieren, damit neben den Entscheidungen zu gesundheitlichen Belangen auch solche zum Vermögen berücksichtigt werden – wenn es beispielsweise um Grundstücksverkäufe oder Darlehensaufnahmen geht. Eine notariell (nicht nur beglaubigte!) sondern verhandelte Urkunde gewähre dann „die größtmögliche Sicherheit, nicht in einer gerichtlichen Betreuung zu landen“, sagt Franke.

Die Patientenverfügung bezieht sich auf medizinische Maßnahmen und steht im Zusammenhang mit der Verweigerung, lebensverlängernde Maßnahmen vornehmen zu lassen. Für behandelnde Ärzte ist dieser Wille, der exakt formuliert sein muss, bindend.
Notar und Rechtsanwalt Franke rät unbedingt dazu, eine entsprechend vorgenannte Vollmacht über den Tod hinaus zu erteilen, weist jedoch ausdrücklich darauf hin, dass ein Testament durch eine solche Vollmacht nicht ersetzt wird. Erbrechtliche Regelungen müssen „losgelöst und gesondert von der Vollmacht“ geregelt werden. [H.-J. Franke]

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