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Positive Trauerkultur

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Tod und Trauer brauchen einen festen Platz im Leben

Mit dem Tod beschäftigen sich die meisten erst dann, wenn er da ist. Wenn geliebte Menschen, Freunde oder Kollegen sterben. Solange man nicht persönlich damit konfrontiert wird, scheint es am besten, das Thema auszublenden. Das ist leicht heutzutage. – Familien leben oft weit voneinander entfernt, Alter, Krankheit und Tod werden „ausgelagert“ ins Krankenhaus oder Pflegeheim, Besuche auf dem Friedhof sind selten, eine Bindung an die Kirchen und christliche Trauerrituale fehlen häufig. Dadurch gehen nicht nur Strategien zur Bewältigung von Trauer verloren, sondern die Angst vor dem Tabuthema „Tod“ wächst weiter. – Und doch ist und bleibt das Sterben ein Teil unseres Lebens.

Seit einigen Jahren ist eine Gegenbewegung zu erkennen. Der Wunsch nach einem bewussteren Umgang mit der Endlichkeit, nach tröstlichen Ritualen und einer positiven Trauerkultur nimmt gerade unter jüngeren Menschen stetig zu. Dort, wo kirchliche Traditionen nicht mehr greifen, ist das Bedürfnis nach alternativen Symboliken, sinnstiftenden Ritualen und individuellen Erinnerungsstücken, die Trauernden Halt geben, besonders groß. Viele Bestatter*innen und Trauerbegleiter*innen gehen daher neue Wege. So gründete die kalifornische Bestatterin Caitlin Doughty im Jahr 2011 die „Death Positive“-Bewegung. Sie möchte Menschen ermutigen, in der Familie und im Freundeskreis offen über den Tod, die Wünsche zum Sterben und zur Beerdigung zu sprechen. So werde der Tod entmystifiziert und wieder zu einem selbstverständlichen Teil des Lebens. Die eigene Endlichkeit zu akzeptieren, helfe dabei, sich auf die positiven Dinge zu konzentrieren und zu erkennen, was im Leben wirklich zählt, hofft Doughty.

Ähnlich sieht dies auch David Roth. In seinem Podcast und dem Buch „Let’s talk about Tod“ gibt er einfühlsam, lebensnah, praktisch und manchmal überraschend humorvoll Antworten auf Fragen, die sich viele schon gestellt haben, aber nicht zu fragen wagten. In Bergisch-Gladbach betreibt er die „Gärten der Bestattung“, ein idyllisches Areal mit Spazierwegen, Meditationsplätzen, Kunstinstallationen und einem „WaldGarten“. Ein Ort der Erinnerung, an dem jeder seine letzte Ruhestätte individuell aussuchen und gestalten kann. Aber auch ein Ort der Begegnung, an dem Familien zusammenkommen, vielleicht sogar auf ein Glas Sekt oder ein Picknick am Grab. Anemone Zeim, Gründerin der Hamburger Agentur „Vergiss Mein Nie“, hat sich ebenfalls einem verantwortungsvollen, lebensbejahenden Weg der Trauerbegleitung verschrieben. Gemeinsam mit ihrem Team fertigt sie unter anderem einzigartige Erinnerungsstücke, aus denen Trauernde Kraft und Mut für die Zukunft gewinnen können. Trauer brauche viel Zeit und Raum, betont sie, könne aber mit sensibler, fachkundiger Trauerbegleitung ein Entwicklungsprozess sein, aus dem man gestärkt und mit neuer Lebensfreude hervorgehe.

Besonders wichtig ist die passende Hilfe für trauernde Kinder. Daher unterstützt beispielsweise die Fritz Roth-Stiftung „Trauer ist Liebe“ gemeinnützige Projekte, die Kindern helfen, mit Trauer im Alltagsleben umzugehen. Am besten sei es jedoch, schon vorher anzusetzen und Kinder von klein auf damit vertraut zu machen, dass der Tod etwas Natürliches ist. Indem man zum Beispiel den kleinen Vogel, der gegen die Fensterscheibe geflogen ist, gemeinsam im Garten beerdigt und das Grab mit selbstgepflückten Blumen schmückt. Für ältere Kinder und Jugendliche bieten viele Bestattungsfirmen inzwischen auch Schnuppertage und Führungen an, um die Scheu zu nehmen und diese letzte Station des Lebens wieder selbstverständlich ins Bewusstsein zu rücken.                

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