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Musikalische Weihnacht à la card – Die Jungs von „Bidla Buh“ sind Stammgäste an der Rosenmauer

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Das Weihnachtsoratorium ist wieder ausgefallen. Leider. So bleiben als einzige Konstante in diesen Zeiten die drei Herzensbrecher von „Bidla Buh“. Statt „Jauchzet, frohlocket“ also „Advent, Advent, der Kaktus brennt“. Anstelle überwältigender Bachscher Polyphonie – ja, was eigentlich?

Was könnte man Gutes über Hans Torge Bollert, Olaf (Ole) Klindtwort und Jan-Frederick Behrend sagen, das noch nicht Erwähnung fand? Dass sie so frech sind, wie man es mag und verzeiht; sehr präsent, unnachahmlich kokett und in vollendeter Hingabe virtuos spielen und singen; zudem eine beglückende künstlerische Gemeinschaft bilden, die sie ihrem Publikum als Bruderschaft verkaufen? Oder dass die Knaben von „Bidla Buh“ Männer sind, auf die man fliegt: Weil sie im Frack, mit Seidenschal, auf unwiderstehliche Art charmant sind.

Man könnte der Hitliste hinzufügen, dass das Trio sogar bei 30 Grad auf der Bühne des Gartentheaters an der Rosenmauer auch in voller Sonne die Herzensbrecher par excellence bleiben. (Wie bei einem Auftritt vor ein paar Jahren) Dass sie nirgendwo Erschöpfung oder gar Unlust spüren lassen, sondern mit Raffinesse ihr Programm voller musikalischer Überraschungen und mit hohem Können absolvieren. Einem Können, das ein weiteres Mal demonstrierte: Alle Kunst ist zuerst Handwerk, das Mühe macht, die der Zuschauer jedoch bei Strafe des Untergangs nicht spüren darf.

„Bidla Buh“ ist verlässlich im Neuen Schauspielhaus zu Gast. Ich kenne sie seit nahezu 20 Jahren. Und auch wenn man die Titel in der Interpretation der Hamburger Jungs schon zu kennen meint, die Akteure auf der Bühne sorgen dafür, dass der Zuschauer den Eindruck erhält, es sei alles brandneu! Mit Einfallsreichtum und Gefühl, deren Echtheit durch die eine oder andere Verfremdung und leichte Distanz zur Popularität der Lieder beglaubigt wurde, feierten „Bidla Buh“ ihren Erfolg ein weiteres Mal in Uelzen. Stimmlich tadellos, instrumental souverän und obendrein mit einer unangefochtenen physischen Kondition; schließlich spielten sie ihr Programm am Nachmittag UND am Abend.

Diese Kerle machen wirklich auf allem Musik, das irgendwie tönt. Mit Kochlöffeln und Rührschüsseln, mit Plastikbechern, Nussknackern, Geschenkpaketen. Und wie machen die das obendrein, dass über die vielen, vielen Jahre nichts routiniert oder gar lustlos daherkommt? Dass alles neu und frisch und überraschend ist wie beim ersten Auftritt – vor zwei Jahrzehnten, als das Neue Schauspielhaus noch verkürzt „bei Schamuhn“ genannt wurde.

Torge Bollert spielt den Womenizer und Chef der Truppe, aber trotzdem seine Kollegen nie an die Wand. Mein Herz gehört allerdings dem armen, meist unterdrückten Frederick, dem vermeintlichen „Grobmotoriker“, der jedoch die feinsten leisen Töne auf all den Schlagwerken und Schellen zu zaubern weiß. Ole, der Könner an der Gitarre, ist das sprichwörtliche „stille Wasser“, der gerne Casanova wäre. Zu dritt sind sie unschlagbar; wer es so lange miteinander aushält, hat keinesfalls seinen Bühnencharakter auch im wirklichen Leben!

Und so sangen, trommelten und pfiffen sich „Bidla Buh“ in die Herzen des Publikums. Mit der Weihnachtsliederrevue zwischen Beethovens „Tatataaaa“ und IX.-Sinfonie-Noten, einem Wettkampf der Flöten zu „Jingle bells“, einem Lied aufs „Lamedda“ (dabei sind sie gar nicht aus Sachsen!) und einer Quarantäne-Weihnachtsbäckerei. Sie intonierten den „O Tannenbaum“ auf Spanisch, als Howard Carpendales „Ti amo“, Peter Maffays „Über sieben Brücken“ (das ja eigentlich der DDR-Gruppe „Karat“ und Herbert Dreiling gehört!!!!) Und bei der „Musik der Tiere“ mit viel Muh, Miau und Wauwau gab es sogar Bachsche Polyphonie und die Kunst der Fuge beherrschen die Drei allemal.

Die „Zugabe“-Rufe kamen unmittelbar, und natürlich ließen sich die Gäste nicht lange bitten. Am Ende waren sie alle von der Rolle: Die Musiker und ein ausgelassenes Publikum. Das ganz bestimmt mit einem Lächeln nach Hause ging nach der „Stillen Nacht“, dem gemeinsamen Gesang, mit der gebotenen Ernsthaftigkeit, Sentiment aber ohne Kitsch. Und vor der Tür läuteten die Glocken der nahen Kirche – was für eine Stimmung!

Barbara Kaiser – 20. Dezember 2021

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