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Feuilleton

Ganz exquisit – 6. St.-Marien-Sommerkonzert mit dem Duo „Conexus“

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Hätte es noch eines Beweises bedurft, wie modern Bach ist und was man mit ihm alles machen kann (oder er mit sich machen lässt), dann wäre dieses 6. St.-Marien-Sommerkonzert ein schlüssiges Argument dafür. Was für ein Drive! Welche Frische! Das Allegro der Orgeltrisonate C-Dur (BWV 529) auf Akkordeon und Bratsche. Oberstimme und Bass fürs Akkordeon, Mittelstimme für die Streicherin.

Das Akkordeon hat ja eine erfreuliche Karriere gemacht. Früher in Konzerten fast undenkbar und als Quetschkommode oder Schifferklavier diffamiert, taugt es heute für – ja, für Bach eben auch. Und Astor Piazolla sowieso.

Zu Gast in St. Marien waren Tabea Höfer und Marek Stawniak als Duo „Conexus“. Ihr Programmtitel: Tango und Bach. „Wir haben einiges zu verknüpfen“, sagte Tabea Höfer in der Anmoderation, bezugnehmend auf den Namen, den sie sich als Duo gaben. „Uns hat die Neugier zusammengeführt, zusammen Piazolla und Bach zu spielen“ Seit 2016 tun sie das gemeinsam.

Und das ist ein atemberaubendes Miteinander! Piazollas „Invierno Porteňo“ – Winter oder Regen in Buenos Aires – oder sein „Oblivion“ – Vergessen – oder das „Escualo“ – Hai – waren vitale, aufregende und erotische Interpretationen. Die Geige zog am Herzen, während das Akkordeon, fingerflink gehandhabt, verlässlicher Begleiter in aller Schwermut blieb.

Um auch die Vorbilder Piazollas zu Wort kommen zu lassen, erklangen Noten von Béla Bartók und Igor Strawinsky. Während Bartóks „Sechs rumänische Volksweisen“ kurze Ideen, Skizzen, waren, ist Strawinskys „Tango“, wie es ein Tango zu sein hat, getanzte beziehungsweise gespielte Leidenschaft.

Ja, und dann der alte Barockmeister! Die erwähnte Orgeltrisonate stellten die zwei Instrumentalisten als leibhaftige, fröhliche Überzeugung vor unser Ohr, dass Musik über so manches hinweghelfen kann. Und das Präludium aus der E-Dur Partita für Violine solo (BWV 1006), das Sommerakademiebesucher in der Vorwoche schon einmal bei einem Abschlusskonzert zu hören bekamen, war unter den Händen von Tabea Höfer reine Virtuosität.

Die von Robert Schumann hinzugefügte Klavierbegleitung, die Marek Stawniak übernahm, mag man eine Anmaßung Schumanns nennen – hier allerdings störte das Tasteninstrument nicht. Unaufgeregt agierend, erwies es sich als anschmiegsam und grundierend. Die Geigerin absolvierte alle ihre Teile in traumwandlerischer Sicherheit.

Es war eine Konzertstunde, die so manche Partitur in ein anderes Hörlicht tauchte und belebte. Am Ende gab es jubelnden Applaus für diese zwei Musiker, die den Mut zu dieser ungewöhnlichen Paarung hatten.

Am kommenden Samstag, 14. August 2021, ist Matthias Böhlert aus Salzwedel zu Gast. Der Kantor spielt europäische und amerikanische Orgelmusik.

Barbara Kaiser – 08. August 2021