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Fotos als Beweis des Lebens – Christoph Paul fotografiert ehrenamtlich Sternenkinder

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Dass Christoph Paul „gut mit Menschen kann“, ist schnell klar: Sanft wirkt der 33-Jährige, zugewandt, im besten Sinne freundlich – ein Mensch, dessen Gegenwart ganz unkompliziert gut tut, leicht ist. Das ist es vielleicht auch, was ihm hilft in seinem sehr besonderen Ehrenamt, das der Uelzener seit einigen Jahren ausübt: Christoph Paul ist Sternenkinder-Fotograf – und macht als solcher Erinnerungsfotos von gerade geborenen Kindern, die tot zur Welt gekommen oder kurz nach der Geburt verstorben sind. Ganz besondere Fotos sind das, oftmals die ersten und letzten Bilder, die von einem kleinen Leben entstehen.

Er sei dabei nur „einer von vielen“, sagt Christoph Paul bescheiden und erklärt erst einmal, wie er überhaupt zu diesen besonderen Einsätzen kommt: Er sei den Organisationen „Dein Sternenkind“ und „Sternenkindfotografie e.V.“ angegliedert, die republikweit bzw. im Norden Deutschlands ehrenamtliche Fotografinnen und Fotografen vereinigen, die über einzelne Alarmkreise und Notrufketten für Einsätze bereitstehen. Für ihn, der in seinem „eigentlichen“ Leben Verwaltungsangestellter im kirchlichen Gebäudemanagement ist und nebenbei ab und an Hochzeiten, Familienfeiern und dergleichen fotografiert, bedeutet das: „Ich bin nicht nur im Raum Uelzen im Einsatz, sondern auch in Lüneburg, Winsen, Salzwedel oder Hamburg“, sagt Christoph Paul. Planbar ist dabei nichts. Einsätze kommen, sehr plötzlich und unvorbereitet. Ein bisschen kennt Christoph Paul das aus seinem anderen Ehrenamt, er ist bei der Feuerwehr, und doch: „Es sind einfach immer Ausnahmesituationen, die mir bei der Sternenkind-Fotografie begegnen. Jede Situation, jede Familie, jede Geschichte ist anders, aber in dieser ganz konkreten Situation „emotional hoch belastet“. Wenn ein Alarm kommt und Christoph Paul den Einsatz annimmt, dann hat er meist nur sehr kurz Zeit, sich auf das Kommende einzustellen und er weiß, dass er „in Kürze ein verstorbenes Kind sehen“ wird. Hart ist das und trotzdem so unfassbar wichtig: „Für Eltern sind es dann eben meist die einzigen Fotos, die sie jemals von ihrem Kind haben werden, ein Beweis, dass das Kind auf der Welt war“, sagt er. Und er weiß, wie das ist: Denn er und seine Frau haben diese Situation selbst erlebt.

Vermutlich ist dieses Nachfühlen-Können für Christoph Pauls Sternenkinder-Fotografie etwas ganz Wesentliches, auch, ohne dass es immer ausgesprochen werden muss. Er ist mit Herzblut dabei, kam sogar wegen eines Sternenkinder-Termins zur eigenen Hochzeit zu spät und doch: Er kann diese Situationen nachfühlen. Er ist da für die Menschen, die gerade ihr Kind verloren haben. Wie er in dieser Situation agiert, kann dabei ganz unterschiedlich sein. Da gibt es Väter, die technische Fragen zu den
Fotos stellen, Mütter, die völlig abwesend sind oder manches Mal sogar innige Stunden mit gemeinsamem Lachen und gemeinsamem Weinen und „immer den Versuch, so normal wie möglich zu sein“: „Ich komme in das Zimmer, stelle mich vor – aber sage beispielsweise nie: „Mein Beileid“, so Christoph Paul. Aber er ist da, er ist ganz in dem Moment und hält fest, was es zu erinnern gibt von einem Menschen, der diese Welt nur ganz kurz oder vielleicht auch nie wirklich gesehen hat, aber der für seine Eltern alles bedeutet. Viel Einfühlungsvermögen gehört dazu, ein feiner Blick auf das, was zeigbar sein darf und muss – und auch ein Gespür dafür, „wann es auch genug ist“.

Wenn Christoph Paul nach einem solchen Einsatz nach Hause kommt, werden die Bilder direkt sortiert, ausgewählt und bearbeitet – das ist ihm wichtig. Für die Eltern wird es einen Stick mit den ausgewählten Fotos geben, aber auch einen Briefumschlag mit entwickelten Bildern. Alles ist in einem Karton, die Bilder in einem verschlossenen Umschlag – „damit die Eltern selbst entscheiden können, wann sie sich die Bilder ansehen oder ob sie es überhaupt tun möchten.“ Wichtig ist: Es gibt diese Bilder. Sie sind da, als Erinnerungsschatz. Allen Eltern schreibt Christoph Paul auch einen persönlichen Brief. „Es ist das Loslassen des Kindes, auch für mich ist das sehr wichtig“, sagt er.

Dankbarkeit ist das, was er am häufigsten in seiner Tätigkeit erlebt: Als Reaktion der betroffenen Eltern, aber auch als eigene Haltung: „Oft sind Einsätze nachts und wenn ich dann nach Hause komme, gehe ich noch mal ans Bett meiner beiden Kinder, lausche dem leisen Atmen und bin einfach irrsinnig glücklich, dass es sie gibt.“

Weitere Informationen:
Wenn Eltern vom (nahenden) Tod ihres Kindes während Schwangerschaft und Geburt erfahren müssen, stehen professionelle Fotografien des Kindes oft nicht an erster Stelle der Gedanken. Und doch zeigt die Erfahrung, dass diese Fotos so wichtig sind – als eines von ganz wenigen greifbaren Andenken an das Baby, als Zeugnis für die Existenz des Kindes und auch als Zeugnis, Eltern zu sein.
Wer einen Sternenfotograf/eine Sternenfotografin sucht, kann sich an folgende unentgeltlich, ehrenamtlich arbeitende Vereinigungen wenden:

https://www.sternenkindfotografie.de/
(FotografInnen können kurzfristig über ein Formular oder unter 08000-116606 angefordert werden)

https://dein-sternenkind.eu/
(FotografInnen können kurzfristig über ein Formular angefordert werden)