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It's Trumann Kolumne

Fair P(l)ay

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„Die süßesten Früchte“, bedauerten Peter Alexander und Leila Negra 1954 im gleichnamigen Film, „fressen nur die großen Tiere … Doch weil wir beide klein sind, erreichen wir sie nie“. Den „hohen Herrschaften“ wäre es sicher lieb, wenn das so bliebe.
Ein vornehmes älteres Paar, dem Franz Antels Komödie noch bekannt sein dürfte, äußerte beim Frühstück in einem Restaurant seinen Unmut über die deutsche Flüchtlingspolitik: „Die holen immer mehr Ausländer hier rein“. Bei Bio-Tee und -Croissant klagte die kleine, feine Dame: „Die futtern uns noch alles weg“. „Sie irren, Teuerste. Im Gegenteil!“, möchte ich dazwischenrufen. Vor Jahren hatte ein Asylbewerber und daher Grundleistungsempfänger im Café das Bedürfnis, mein Getränk zu bezahlen. Ich dachte amüsiert: „Ist ja eigentlich von meinem (Steuer-)Geld“, bereitete ihm aber das Vergnügen. Mittlerweile verdient er als Handwerker sein eigenes, „gutes Geld“, und ich mache uns beiden umso lieber die Freude, mich beschenken zu lassen.
Nicht wenige Menschen hierzulande leben über ihre Verhältnisse – um einen gewissen Lebensstandard und -stil pflegen, sich und ihren Kindern etwas bieten zu können.

Viel mehr aber leben wir über die Verhältnisse anderer.
Die Wirtschaftswissenschaftlerin Evi Hartmann schätzte 2016, dass jeder von uns durch sein Konsumverhalten, billige Kleidung, Geräte und Genussmittel zu verlangen, unbewusst ca. 30-60 Sklaven hält. Teils ganze Familien geraten in Schuldknechtschaft, weil sie falschen Versprechungen gefolgt, in Schuldenfallen geraten und für einen Hungerlohn gezwungen sind, billige Waren für uns zu produzieren.

Das Lied „Amazing Grace“, „Erstaunliche Gnade“ entstand, nachdem der Sklavenhändler John Newton in großer Not Gottes Hilfe gesucht und gefunden hatte. Nach seiner Rettung behandelte er die Sklaven gnädiger und menschlicher und setzte sich Jahre später für die Abschaffung des Sklavenhandels ein. Wir müssen und sollten nicht erst in Not geraten, um umzudenken.

Sich so vielen Menschen wie möglich verständlich machen zu können und selbst Vorbild zu sein, um notwendige, wenn auch unbequeme, Entscheidungen zu vermitteln, sei den Verantwortlichen in der Politik und auch der Wirtschaft gewünscht.
Evi Hartmann behauptet: „Verzicht ist die einfachste Art, moralisch zu konsumieren“. Hier und da werden wir dazu genötigt. Das in der vorigen Kolumne beschriebene Wasserspiel z.B. ist derzeit abgeschaltet. Dem Vergnügen der Kinder tut das keinen Abbruch. Sie drehen auch in der trockenen schneckenförmigen Rinne ihre Runden.

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