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Feuilleton

Eher glanzlos

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Theater an der Ilmenau nach zwei Jahren Bauzeit wiedereröffnet

Eine Gala war versprochen. Eine Estrade. Eine Revue der Freude. Darüber, dass das Theater an der Ilmenau nach langer Bauzeit (und Corona) endlich, endlich wieder eröffnet wird. Die Örtlichkeit strahlt nun auch in neuem Glanz – das Foyer weiter und heller, der Galerieraum des Kunstvereins frisch, der ehemalige Garderobenraum kuschelig und gemütlich mit Sitzgruppen, Platz für Studioaufführungen. Was das Haus äußerlich versprach hielt die Eröffnungsveranstaltung nicht. Die war ziemlich glanzlos und ja – obwohl ich das Wort nicht mag – provinziell.

Was spielt man an so einem wichtigen Datum, wie sie eine Theater-Wiedereröffnung ist? Für ein Haus, das es in diesen Zeiten immer noch gibt, wofür dem Rat der Stadt Uelzen ausschließlich großer Dank gilt. Man hatte sich entschlossen zu investieren, nicht etwa zu schließen. Zu investieren in Kultur, in Theater und Musik, Geldmittel zu geben, die ihren Mehrwert erst später zurückgeben würden und der sich nicht in Münzen berechnen lassen wird. Sondern in Erlebnissen, Erfahrungen, Erkenntnissen, die Theater nun einmal rekrutieren (soll).

Ich erinnere mich: Nach der Grundsanierung des Nationaltheaters Weimar anlässlich der Tausendjahrfeier der Stadt im Jahr 1975 spielte man „Faust“. Zehn Jahre später, bei der Eröffnung der Semperoper in altem, neuem Zauber gab es den „Freischütz“. Im Parkett saßen übrigens an beiden Orten damals zuerst die Bauarbeiter und alle anderen Verantwortlichen der Baumaßnahmen mit ihren Angehörigen.

Als das Theater Uelzen im September 1970 eingeweiht wurde, tat man es mit der Komödie des Franzosen Eugène Scribe „Das Glas Wasser“ und (west)deutscher Schauspielprominenz. Und 52 Jahre später? Um es vorweg zu nehmen: Der Einzige, der die große schwarze (!) Bühne zu füllen wusste, war Hans-Joachim Heist, der Schauspieler, den man als Gernot Hassknecht aus der „Heute Show“ kennt. Trotz seiner nur einszweiundsechzig Größe absolvierte der seinen „Heinz-Erhardt-Abend“ als Amüsement für das Publikum.

Hans-Joachim Heist als Heinz Erhardt

Davor hatte der Bürgermeister eine recht uninspirierte Rede gehalten. Er hatte seine Dankesworte abgespult – immerhin auch an die 42 Gewerke des Handwerks – und noch einmal die 7,5 Millionen Euro erwähnt, die der Umbau gekostet hat. Eine Million kam vom Landkreis, was lobenswert, aber nicht zu viel ist, denn das große Haus ist für alle da, nicht nur für Uelzen-Einwohner. Nicht das kleinste Aperçu zum Thema Theater hatte das Stadtoberhaupt sich ergoogelt für seine Rede. Schade. Immerhin gab es das vorsichtige Versprechen, „das Theater über die Saison hinweg nicht zu schließen“. Trotz Energiekrise.

Erfrischend dagegen die Grußworte von Ute Lange-Brachmann, erste Vorsitzende des Kulturkreises Uelzen. „Kultur ist schön, macht aber auch viel Arbeit“, zitierte sie Karl Valentin und freute sich über das „Durchhaltevermögen“ und über „alle, die treu geblieben sind“. Der Rednerin merkte man an, dass sie nach so vielen Jahren immer noch die Euphorie aussenden kann, die man für die Organisation und Vermittlung von Kultur vor allem braucht. Kultur sei inzwischen ein harter Standortfaktor, war sich Lange-Brachmann sicher und: „Wir kaufen für Sie Qualität ein.“ Sie wilderte bei Schiller und Novalis und man mochte gerne so optimistisch sein wie sie, dass die Menschen in diesen Krisenzeiten nicht zuerst an der Kultur sparen mögen!

MalteSchäfer und Alissa Giani

Was gab es noch? Einen Conférencier, der in seinem Outfit auf einen Fußballplatz gehörte und eher ein Ansager war, als dass er kundig durch das Programm zu führen wusste. Einen schlecht gemachten Programmzettel, der den zwei Instrumentalisten Malte Schäfer und Alissa Giani (Lehrer der Musikschule Uelzen) immer wieder unpassenden Zwischenapplaus bescherte, weil das Publikum nicht wusste, was gespielt wird. Eine recht muntere Compagny des Ballett & Gym Studio Graf mit vier Nummern zwischen modernem Tanz und klassischer Spitze. Und einen Sänger-Song-Writer mit Gitarre als Ersatz für David Harrington am Flügel, der dem ziemlich staubigen Instrument mehr strahlende Momente verliehen hätte.

Resümee: Es wäre ein sehr schlechtes Omen, wenn die 60 Jahre alten Texte eines Heinz Erhardt, von denen einige noch erschreckend aktuell, andere doch ziemlich antiquiert sind, und eine insgesamt unglücklich-glanzlose Veranstaltung die Zukunft unseres Theaters bedeuteten. Aber so ist es ja nicht! „Ein Theater ist ein Unternehmen, das Abendunterhaltung verkauft“, sagte Bertolt Brecht. Während sein Regisseurskollege Peter Zadek ergänzte: „Mir ist es egal, warum die Leute ins Theater kommen – Hauptsache sie kommen – und das, was sie sehen hat Wahrhaftigkeit, also wirkliche Qualität.“

Mit dem Leben ist es wie mit einem Theaterstück. Es kommt nicht darauf an, wie lang es ist, sondern wie bunt.“ (Seneca) Der Kulturkreis Uelzen hat ein buntes und auch qualitätsvolles Programm eingekauft für die Saison 2022/23. Das hat viel mit dem Leben zu tun wie man sehen wird, bespielt aber genauso gut die Zerstreuung und Freude. Die Uelzener und ihre Gäste sollten das goutieren, dankbar sein und Theaterbesuche keinesfalls von der To-Do-Liste streichen.

Barbara Kaiser – 02. Oktober 2022

Ballettstudio Graf