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Kulturpreis des Landkreises an Johannes Vogt-Krause verliehen

„Oha!“, hätte er nur gesagt, berichtete Landrat Dr. Heiko Blume über das Telefonat, das die Nachricht überbrachte, dass der Kulturpreis des Landkreises Uelzen 2022/23 an ihn, Johannes Vogt-Krause, gehen solle. „Oha!“. Das sei für einen Hanseaten eine nahezu euphorische Reaktion, Ausdruck einer „dichten emotionalen Befindlichkeit“, erzählte Blume weiter. Und der Geehrte, der eigentlich gar kein Hanseat ist, sondern fünfjährig aus Franken umgesiedelt wurde in den Norden: Johannes Vogt-Krause erklärte im Interview vorab glaubwürdig, dass er „nicht mal im Stillen dran gedacht“ hätte, sich in die Reihe der Kulturpreisträger einreihen zu dürfen, sich mit diesem Preis schmücken zu können, der seit dem Jahr 1982 alle zwei Jahre vergeben wird für ehrenamtliches Engagement in Sachen Kultur.

Es gibt viele bekannte und namhafte Preisträger. Horst Eckert, damals Bürgermeister von Bad Bevensen, wurde zum Beispiel geehrt für „seine Verdienste der deutsch-polnischen Verständigung über die Kulturarbeit“. Dieter Schinkel, weil er „keinem guten Film widerstehen konnte“. Oder Dr. Heinz Schirnig für sein Engagement vor allem bei der Gründung der Christa-von-Winning-Stiftung. Hinrich Alpers darf sich Kulturpreisträger nennen – er war mit damals 29 Jahren der jüngste Preisträger -, weil er „den Landkreis, aus dem er kam, trotz seines internationalen Erfolges nie vergaß“ und ihm vieles zurückgab.  (Zitate Dr. Theodor Elster)

Jetzt also auch Johannes Vogt-Krause, der „Theater-Hannes“. Seit dem Jahr 2015 ist der heute 75-Jährige für mich nicht nur eine Tangente im doch sehr bunten Kulturleben des Landkreises, denn damals sang er im Duo „Kandidel“ im Kurhaus Bad Bevensen. Up platt. Natürlich fehlte das schönste Liebeslied der Norddeutschen nicht: „Dat du min Leevsten büst“. Auch die Melodie vom „Jung mit`m Tüddelband“ und dem „Bodderbrod mit Kees“ in den Händen, der sich den „Dassel op`n Kantsteen“ übel schlägt und trotzdem aufsteht und sagt: „Ischa`n Klacks för`n Hamborger Jung“, war dabei. Seitdem mag ich diesen Mann. Damals war er schon „Theaterdirektor“, hatte sich im Jahr 2013 als Neupensionär dieses krumme, schiefe Haus an der Rosenmauer „ans Bein binden lassen“ mit all der Verantwortung, die Hausbesitzer haben.

Johannes Vogt-Krause und der Verein, der heute 146 Mitglieder hat, traten in große Fußstapfen. In die von Reinhard Schamuhn, der seit 1988 diesen Kreativen Speicher mit Leben füllte. Er hätte damals diesen Kulturpreis auch verdient gehabt – aber dafür war er den „Obertanen“ (Dietrich Kittner) wohl eine Spur zu verrückt. Und unberechenbar. Vielleicht hätte er den Preis gar abgelehnt, um sich nicht in Abhängigkeiten zu begeben?

Johannes Vogt-Krause hat den Preis angenommen, warum auch nicht. Weil er sich seit mehr als neun Jahren müht. Das tut er wiederum, wie er versicherte, weil „Ruhe“ im frischen Ruhestand noch nicht ins Programm seines Lebens gehörte und passte. Heute sagt seine Frau: „Halbtagsjob“ zu seiner ehrenamtlichen Tätigkeit, aber natürlich trägt sie das mit. Wie jede vernünftige Frau, die keinen nörgelnden, weil unausgelasteten  Mann zu Hause haben will.

Seit 2013 ist Vogt-Krause, der ehemalige Schulleiter aus Ebstorf, das Gesicht und derjenige, den man befragt, wenn es ums Neue Schauspielhaus, das Erbe von Reinhard Schamuhn, geht. Dass Kleinkunst nicht kleine Kunst ist, muss man niemandem mehr erklären und beweisen. Aber auch hier gilt es, die Spreu vom Weizen zu trennen.

Sieben Menschen arbeiten dafür im Vorstand immer an der Grenze der Selbstausbeutung.

Das Leben ist ja am Ende die Suche nach zwei, drei Wahrheiten, die standhalten. Zerschellt man an fremder Anmaßung? An statusgesicherter Faulheit? Es ist ein Glück, dass es solche Menschen wie Johannes Vogt-Krause (und sein Kollektiv Neues Schauspielhaus) gibt, denn die Kunst, auch oder vor allem die Kleinkunst, sind hilfreiche Begleiter. Es braucht nicht immer die großen Formate – Wahrheit und Wahrhaftigkeit kommen selten geschmettert daher. Zwar hat nicht jeder, der sich mitteilt, auch etwas mitzuteilen, wer Kunst und Kultur organisiert und vermittelt befleißigt sich aber auf vielen verschiedenen Wegen und in zahllosen Formaten darum.

Das Programm des Neuen Schauspielhauses für das erste Halbjahr 2024 steht. Eigentlich muss man Johannes Vogt-Krause keinen Elogenkranz flechten. Er besitzt die Gabe und Geduld fürs vermeintlich Unzeitgemäße: Kultur unter die Menschen zu bringen. Diese Arbeit ist Aushalten. Auch wider sämtliche Erfahrungen, dass einem eben selten einer dankt dafür. Jetzt aber hat es endlich mal geklappt mit dem Dank! „Oha!“. Das macht sprachlos, sollte jedoch motivieren. So wie die 20 000 Besucher zwischen 2015 und 2022, die zu 415 Veranstaltungen kamen. Und die Versicherung, dass das kleine Haus „ein fester Bestandteil des Kulturlebens in Uelzen ist“ (Blume), ist verbale Anerkennung dazu.

Barbara Kaiser – 05. Dezember 2023

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