Zurücklehnen, Augen schließen und – schwelgen
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Foto: Barbara Kaiser
Vokalensemble „Voktett“ und Instrumentalisten von „la festa musicale“ beeindruckten im vorletzten St.-Marien-Sommerkonzert
Das Vokalensemble „Voktett“ aus Hannover wurde letzte Woche von Erik Matz mit Vorschusslorbeeren bedacht und angekündigt. Die Maßstäbe hingen also sehr hoch, die die gemischt-doppelchörig besetzte Gruppe zu erfüllen gezwungen war. Der Wunsch, herausragende Werke der Vokalmusik auf hohem Niveau zu durchdringen und darzubieten und einem breiten Publikum den Zugang zu solchen musikalischen Ereignissen zu ermöglichen, genügt dafür nicht. Kunst kommt immer noch von Können – hier brauchte es solides Handwerk, große Musikalität und stimmliche Standfestigkeit.
Auf dem Programm, und das war für die Gruppe eine Premiere, sie wird damit weiterreisen, standen Stücke aus Claudio Monteverdis „Selva morale e spirituale“, dem musikalischen Testament des großen Komponisten im Übergang zwischen Renaissance und Barock. Im Jahr 1640/41 in Druck gegangen, sind die Noten ein glitzernder Solitär italienischer Barockmusik. Und weil Monteverdi sein Meisterwerk für Stimme und Instrumente ersann, hatte sich „Voktett“ das norddeutsche Barockorchester „la festa musicale“ an die Seite geholt.
Um es auf den Punkt zu bringen: Die Gäste erfüllten die Erwartungen in vollem Umfang. Sie stellten dem Publikum ein farben- und facettenreiches Konzert vor, das keine gesangliche Schwäche kannte. Eine lupenreine Intonation, lebendige Gestaltung, textliche Verständlichkeit (so man denn Latein kann), akkurate und saubere Abschlüsse und Einsätze, die traumwandlerisch sicher waren, machten diese 60 Minuten zum exquisiten Hörerlebnis. Im Piano unwiderstehlich, im Forte triumphal, wohl timbriert und angemessen jubelnd.
Die fünf Instrumentalisten Anne Marie Harer, Henriette Otto-Dierßen (Violinen), Christoph Harer (Violoncello), Andreas Nachtsheim (Laute) und Jo Hirano (Orgel) waren für Esther Tschimpke, Felicia Nölke (Soprane), Ida Barleben, Lea Volpert (Altstimmen), Steffen Kruse, Justus Barleben (Tenöre), Sebastian Knappe und Steffen Schulte (Bässe) hingebungsvolle und anschmiegsame Begleiter.
Die Gäste aus der Landeshauptstadt ersangen die Partitur sehr einleuchtend mit einer Vielfalt genauester Gefühlsschattierungen. Beweglich und seelenvoll; ohne jeden aseptischen Klang, sondern Wärme ausstrahlend. Sie formten atmosphärische Glanzstücke. Konditionsstark musizierten und sangen sie ohne Unterbrechungen durch Beifallbekundungen; wahrscheinlich hatte es wirklich niemand gewagt, diese ganz besondere Stimmung zu zerstören. Die Musik erklang üppig in der Tongebung, prangend in Volumen und Farben.
„Gottes Wort will gepredigt und gesungen sein“, sagte Martin Luther. Und ausnahmsweise kann man ihm hierin vorbehaltlos zustimmen. Der Schlussapplaus der 260 Besucher:innen war einhellig und begeistert.
Im letzten Konzert am Samstag, 30. August 2025, sitzt Christoph Schoener aus Hamburg, ein alter Bekannter also, an der großen Orgel. Er spielt Bachs Clavierübung Teil 3 aus dem Jahr 1739.
Barbara Kaiser – 25. August 2025