„Wir sind Krisenmanager“– Susanne Hardebeck ist Bestatterin – und liebt ihren Beruf
Susanne Hardebeck ist ein Mensch, der mitten im Leben steht – obwohl der Tod sie doch jeden Tag begleitet. Die 53-Jährige ist Bestatterin und leitet das Uelzener Bestattungshaus Kaiser, eines von rund 5400 bestattungshandwerklichen Betrieben der Republik. Ihr Weg dahin war gar nicht so leicht: Ursprünglich ist die gebürtige Emsländerin gelernte Bauzeichnerin.
So richtig ausgefüllt hat sie diese Tätigkeit jedoch nie. Zumal: Die Themen rund um Tod, Trauer und Bestattung haben sie selbst immer begleitet, es gab Todesfälle im Familienumfeld, viel Literatur, die sie dazu las – weshalb sie schließlich einen Lehrgang als Trauerbegleiterin absolvierte. Bald war klar: Die dreijährige (für Hardebeck auf zwei Jahre verkürzte) Ausbildung zur Bestattungsfachkraft muss folgen. „In meiner Familie hat mich das ganz schön Überzeugungsarbeit gekostet“, erinnert sie sich, und dennoch: Es hätte für sie keinen besseren Weg geben können, Susanne Hardebeck lebt und liebt ihren Beruf. „Abends muss ich mich ganz oft daran erinnern, dass ich den Tag überhaupt gearbeitet habe, so kommt mir mein Tun gar nicht vor“, sagt sie, denn sie geht in allem, was sie den Tag über tut, auf. Selbstverständlich gehören auch gewisse Routinen zum Berufsbild dazu: Abläufe und das Abarbeiten von Checklisten – wer wird zuerst informiert?, das Besorgen der Sterbeurkunde, Kündigungen von Versicherungen und andere Büroarbeit. Aber dann sind da die wesentlichen Anteile von Kreativität und von Mitmenschlichkeit: Die Gespräche mit Menschen in emotionalen Ausnahmesituationen stehen dabei an erster Stelle. „Wir sind in dieser Phase einfach die Krisenmanager und nehmen den Hinterbliebenen die anstehenden Aufgaben ab, damit sie trauern können“, erklärt Hardebeck. Wut, Trauer – all das gilt es aufzufangen und dafür macht sie ihren Kunden Angebote: „Einen Brief zu schreiben an den Verstorbenen, die Urne zu bemalen: So etwas kann sehr hilfreich sein“, weiß die Fachfrau. Und deshalb sind Kreativität und Ideenreichtum auch wesentliche Bestandteile ihres: „Alles richtet sich bei der Organisation einer Bestattung auf den Blick des Verstorbenen – wie war dieser Mensch, was war ihm wichtig, wie hat er seine Welt wahrgenommen?“ und da ist alles erlaubt: Von Angler-Deko bis Fußball-Urnen oder auch solche, die beispielsweise mit Kindern gemeinsam gestaltet werden für die verstorbene Großmutter oder den Großvater. In besonders schillernder Erinnerung ist Hardebeck die Beisetzung eines Rolling-Stones-Fans, zu dessen Trauerfeier der Chef des Lüchower Stones-Museums mit einer Vielzahl von Fan-Equipment anreiste. „Das war schon ziemlich spektakulär und eine sehr bewegende Angelegenheit“, erinnert sich die Fachfrau, die immer wieder auch als Trauerrednerin für Feiern im Einsatz ist, die ohne geistlichen Beistand auskommen möchten.
Um die 860.000 Menschen sterben deutschlandweit pro Jahr – und jeder Tod ist individuell, genau wie die Bestattung. Immer wieder gibt es da auch Trends, die Erinnerungen wach zu halten: Am aufwändigsten und vielleicht auch bizarrsten sind die Edelstein-Bestattungen, bei denen aus der Asche der Verstorbenen Diamanten, Rubine oder Saphire hergestellt werden, dafür gehören das Anfertigen von Fingerabdrücken für Kettenmedaillons oder auch ein in Glas gelasertes Foto inzwischen schon zum Standardprogramm. Auch religiöse Zuordnungen können eine Rolle spielen – für muslimische Tote gehört beispielsweise die Waschung dazu, auch eine buddhistische Bestattung mit jeder Menge Räucherstäbchen gehörte für Hardebeck schon zum Arbeitsalltag. Genauso übrigens wie Fragen von Hygiene. Natürlich habe sie auch Corona-Tote schon bestattet, „da muss man natürlich dann mit Brille, Maske, Schutzanzug und Schuhüberziehern Vorsorge treffen“, erklärt sie. Allerdings sei das auch keine überdimensionale Neuerung für sie: „Mit ansteckenden Erkrankungen müssen wir seit jeher umgehen, das ist nichts Neues“, schildert sie sehr nüchtern.
Am Ende zählt für Susanne Hardebeck eines: „Dass die Hinterbliebenen zufrieden sind und sich gut verabschieden konnten.“ Und der Kreis schließt sich.
[Janina Fuge]