Insektenfreundliche Gartengestaltung
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Fotos: Sascha Fobbe
Schotter vs. Blumen für den Garten
Vielen Gartenfreund:innen juckt es jetzt in den Fingern, sie wollen raus und ihren Garten fürs Jahr herrichten – sofern es ein Garten mit Pflanzenbewuchs ist. Und schauen entrüstet auf den Nachbarsvorgarten mit drei Ziergehölzen und vielen Quadratmetern Kies. Mit Blick auf den Artenschutz ist die Entrüstung gerechtfertigt, denn Schottergärten bieten keine Nistflächen und keine Nahrungsangebote für Bienen, Hummeln oder Schmetterlinge; Bodenlebewesen verschwinden, weil kein Regenwasser mehr ankommt.
Obwohl sie in Niedersachsen verboten sind, gibt es auch bei uns Schottergärten. Das Ziel: Möglichst wenig Arbeit. „Das ist aber ein Trugschluss“, sagt Gärtnermeister Hartmut Schulz, Inhaber von Hartmut Schulz Garten- und Landschaftsbau in Hanstedt. Vlies unter dem Schotter soll dafür sorgen, dass kein Unkraut durchkommt – der Samen kommt aber von oben. Zudem saugt sich das Vlies mit Wasser voll, gibt dem Unkraut also auch noch Starthilfe. Stehen in der Nähe Büsche und Bäume, müssen Blätter mühsam aufgesammelt werden. Besonders an dunklen und feuchten Standorten gedeihen zudem Moose und Flechten, der Kies muss gewaschen oder ausgetauscht werden, wenn er wieder schön aussehen soll. Alles in allem nimmt also auch die Pflege eines Schottergartens viel Zeit in Anspruch.
Naturschutz- und Tierfreunde plädieren stattdessen für Staudengärten als Alternative zu Rasenflächen (die oft gemäht werden müssen) oder eben Kiesflächen. Richtig angelegt machen sie wenig Arbeit: Im Frühjahr wird Abgestorbenes abgeschnitten, gehäckselt und auf den Beeten verteilt, das war’s. Einheimische Sorten am richtigen Standort brauchen auch im Sommer wenig Wasser, da fällt das Gießen häufig weg.
Nicht nur Insekten, auch wir Menschen profitieren von grünen (Vor-)Gärten: Unversiegelte Flächen erhitzen sich zum einen nicht so stark, zum anderen verdunsten Pflanzen Wasser, dadurch wird die Umgebung kühler. Richtig eingesetzt hat Kies aber auch Vorteile, sagt Christine Schaller von Zinsser Gärten aus Uelzen: Als Ersatz für gepflasterte Flächen wie Wege ist er eine gute Wahl, weil Kies Regenwasser durchlässt. Auch als Alternative zu Rindenmulch oder Hackschnitzeln unter Pflanzen lässt sich feiner Kies gut verwenden.
Der neueste Trend geht zu heimischen Stauden und Blumen mit nicht gefüllten Blüten, weil sie noch Pollen haben, an die die Insekten auch herankommen. Bei gefüllten Blüten sind die Pollen produzierenden Staubblätter oft komplett in Blütenblätter umgewandelt; hier gibt es keine Pollen mehr zum Sammeln, diese Blumen fallen als Nahrungsquelle für Insekten weg. Christine Schaller befürwortet ökologische Gesichtspunkte bei der Gartengestaltung, plädiert aber für Vielfalt: „Nicht nur Bienengärten sind toll!“ Wichtig sei, dass der Garten gefällt und man sich dort auch wohlfühlt. Will man den Garten aber insektenfreundlich gestalten, sollte man Pflanzen wählen, die zu unterschiedlichen Jahreszeiten blühen und möglichst vielfältige Blütensorten wählen, um auch den verschiedenen Insektenarten Nahrungsangebote zu machen.
Tipps zu Pflanzen für unterschiedliche Insekten finden sich im Internet unter anderem bei BUND und NABU. So sind Doldengewächse wie Disteln, Fenchel oder Liebstöckel gut für Wespen, Wildbienen bevorzugen z. B. Lavendel, Bärlauch und Wildrosen. Auch wer Tipps für ein ganzjährig blühendes Beet sucht, wird im Netz fündig: Krokusse, Schneeglöckchen oder Winterlinge blühen schon im Februar und März, sie sind wichtige Nahrungsquellen für die ersten Insekten. Im Sommer sind Stockrosen, Mädchenaugen und echte Schlüsselblumen wichtige Nahrungsquellen, im Herbst Eisenkraut und Fetthenne. Es gibt zudem spezielle bienen- oder schmetterlingsfreundliche Saatgutmischungen mit mehrjährigen Pflanzen, die man auch als Blumenwiesen aussäen kann.
Das Bewusstsein für Artenschutz nimmt zu. „Einige Schottergartenbesitzer:innen haben inzwischen offenbar zudem erkannt, dass ihre Gärten doch nicht so pflegeleicht und preisgünstig sind wie gedacht, und legen wieder Grünflächen und Blumengärten an“, sagt Christine Schaller. Damit kommen sie möglicherweise auch einer Aufforderung ihrer Stadt oder Gemeinde zuvor: Das Oberverwaltungsgericht Lüneburg hat im Januar entschieden, dass Kommunen den Rückbau von Kiesgärten verlangen können. Die Insekten und die Augen der Nachbar:innen wird es freuen. [Sascha Fobbe]