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Aktuelles Allgemein Feuilleton

Auf der Spur des großen Ü – „Ünnerwegens“ in Sachen Kunst und Kultur

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Katja Schaefer-Andrae brennt. Lichterloh! Für das neueste Projekt der „Kulturstation“, der Einrichtung, die bereits seit 25 Jahren besteht und die schon verschiedenste Orte ver-kultiviert hat. Es gab „Kunst am Bauer“, „Kunst am Kloster“, die kurzzeitige Wiederbelebung eines geschlossenen Bad Bevenser Hotels und jetzt – wird es noch einmal eine Nummer größer: Vom 01. bis 16. Oktober 2022 gibt es „Kunst am Knick“. Das werden Dorfkulturtage in einer Größenordnung und Vielfalt, die Staunen machen. Unter Beteiligung aller, die sich einbringen wollten, und dank zahlreicher Sponsoren. Es ist ein soziokulturelles Projekt, das „Begegnungsmöglichkeiten mit Kunst und Kultur schafft und Menschen zusammen bringt“, so Schaefer-Andrae, die den Hut auf hat für dieses Mammutunternehmen. Aber der Enthusiasmus, mit dem sie erzählt, ist ansteckend.
Vielleicht muss man den seltsamen Titel erklären: Ein „Knick“ ist, wo ich herkomme, eigentlich eine Biegung, eine Richtungsänderung. Ganz gleich ob von Straße oder Wasserleitung. Ein „Knick in der Optik“ meint eine falsche Sicht auf Dinge. Hier jedoch ist der „Knick“ eine Bezeichnung für von Gehölzen bewachsene, meist künstlich errichtete Erd-, Stein- oder Torfwälle. Sie sind als Einfriedung und Grenzmarkierung weit verbreitete, landschaftsprägende Elemente der Kulturlandschaft (Wikipedia).
Kultur und Landschaft. Immer öfter scheint sich das auszuschließen, weil die Gegenwart im Wachstumswahn viel zu viele Flächen versiegelt, sie unwiederbringlich dem Vergessen anheim gibt. Auch deshalb soll diese Landschaft in der Gemarkung Bevensen, zu der seit der Kreisreform neun Dörfer gehören (wer kennt sie eigentlich ad hoc?), belebt werden. Natürlich nicht immer nur an den landschaftlichen Punkten, den Knicken. Auch in Privathäusern, alten Scheunen oder leerstehenden Gewächshäusern.
Man muss sich für dieses Übermaß an Erlebnis dafür auf die Socken machen, denn nur „ünnerwegens“ erfährt man Neues, macht Erfahrungen, gewinnt Erkenntnisse. So gesehen trifft vielleicht mein Verständnis des Knicks auch zu: Es kommt zu einem Blickwechsel, einer Perspektivveränderung. Und die bergen ja immer ein ungeheures Potenzial.
„Wir laden ein“, sagt Katja Schaefer-Andrae, „und man muss es entdecken.“ Man kann sich zwischen Klein und Groß Hesebeck, Jastorf, Gollern, Röbbel, Sasendorf, Seedorf, Klein Bünstorf und dem Schweizerhof/Medingen an drei Oktoberwochenenden ein Bild davon machen, was Engagement („Wir haben ganz viele Leute, die affin sind!“) und eine Offenheit gegenüber Neuem zustande zu bringen in der Lage ist. Es sind zahllose Orte, an denen Begegnung und Austausch möglich sein werden. Man muss nur der Spur des großen Ü folgen – das hängt in den Fenstern der Teilnehmenden oder es wehen dem Neugierigen Banner entgegen. Der Uelzener Künstler Georg Lipinsky hat sich mit den Organisatoren und allen Machern fraternisiert und für die neun Orte, die die Dorfkulturtage verbinden, je eine Postkarte gestaltet. Darauf wird gesucht und entdeckt und geschwelgt auch (denn das viel beschworene leibliche Wohl kommt natürlich nicht zu kurz).
Auf also! Wie sagte es schon der Dalai Lama? „Einmal im Jahr solltest du einen Ort besuchen, an dem du noch nie warst.“ Warum also nicht zur Kunst in eine Scheune reisen? Sich aufmachen in eine alte Schule, die zum Ausstellungsraum wurde oder ein Wohnzimmer, das als Schreibwerkstatt fungiert. Trauen Sie sich!


Alle Termine und Orte unter: www.kultur-station.de „Ünnerwegens“ in neun Ortsteilen von Bad Bevensen an den ersten drei Oktoberwochenenden.


[Barbara Kaiser]