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Its Tru(mann)

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Foto: Eva Neuls

Nach Uelzen

„Nach Uelzen, danach sehn ich mich sehr“, sang Okko Bekker um 1980 mit sehnsuchtsvoll langgezogenem „Ue“. Damals war er unter anderem Mitglied der Band „Okko, Lonzo, Berry, Chris und Timpe“. „Nach Uelzen“, sang er weiter, „Denn da komme ich her. Hier ist die Sprache so schwer. Und ich wi-i-i-i-ill nach Haus.“
Im Gegensatz zu Okko, dem Wahlhamburger mit niederländischen Wurzeln, fällt mir die englische Sprache nicht schwer. Umgekehrt fiel mir einmal mehr auf, diese Zeilen im Kanada-Urlaub auf amerikanischer Tastatur schreibend, dass sie Probleme bereitet, deutschsprachige Texte in gewohnter Weise wiederzugeben. Immerhin, bei den ersten sechzigeinhalb Wörtern bin ich ohne Umlaute ausgekommen (die ich bei Bedarf nun aus der Datei der vorigen Kolumne kopiere). Und für „Uelzen” braucht es zum Glück keine.
Nach Uelzen kehre ich gerne zurück, nur ein paar Tage nach Redaktionsschluss. Uelzen ist meine Heimatstadt, in der ich viele liebgewonnene Menschen und Orte weiss – wobei mir just auffiel, dass weder die Tastatur noch die vorige Kolumne ein Eszett hergeben, den deutschesten aller Buchstaben. Das soll mich nicht verdriessen. Mein Freund und Gastgeber, der aufgrund des gemeinsamen christlichen Glaubens sogar mein Bruder zu nennen ist, wie auch seine Verwandten und Freunde sri-lankischen, südafrikanischen und italienischen Ursprungs geben mir ein solches Gefühl von zu Hause und Willkommensein, dass sich die von Okko Bekker ausgedrückte Sehnsucht „nach Haus“, nach Uelzen, nicht so schnell einstellt.
Nach Uelzen verschlug es in den vergangen Jahren Menschen verschiedenster Nationen, um Zuflucht vor Krieg, Unterdrückung und anderer Not zu finden. Für deren Kommunikation mit mir ist, solange ihnen deutsche Worte fehlen, Englisch meist eine gute Gesprächsgrundlage, die dabei hilft, ihnen ein Gefühl von Willkommensein zu geben, wie ich selbst es nahezu überall erlebe.
Bei einem Kurztrip per Bus in Toronto begegnete ich einem jungen Mann mit einem auffälligen, gestickten Kreuz auf seiner Jeansweste, das, wie ich von ihm erfuhr, kein modisches Accessoire für ihn sei, sondern Ausdruck seines Glaubens. Nach einer kurzen Konversation und ein paar Haltestellen später verabschiedete ich mich von ihm mit den Worten: „See you in heaven“ – „Wir sehen uns im Himmel“ – jenem Ort, der ein Zuhause ist, das noch attraktiver und sicherer sein wird, als es Uelzen für mich ist.

It’s Tru[mann]

Initia Medien und Verlag UG

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