Seite lädt...

Feuilleton

Eine Trompete für den König

teilen
Kantor Erik Matz, André Khamasmie, Torsten Meyer, Ramona Laxy, Nicole Dellabona

Die Solisten mit Kantor Erik Matz (Mitte): André Khamasmie (Tenor), Torsten Meyer (Bariton), Ramona Laxy (Sopran) und Nicole Dellabona (Alt). Fotos: Barbara Kaiser

Zwei Mal Weihnachtsoratorium für kleines und großes Publikum

Erik Matz ist ja der cleveren Kantoren einer. Er weiß, wenn er das Publikum von morgen nicht selber anfüttert, wird irgendwann vor leeren Rängen gespielt. Deshalb gab er mit dem ganzen Riesenapparat, Kantorei, Kammerorchester inklusive Instrumentalgastsolisten und Vokalisten für die jungen Konzertbesucher:innen das Weihnachtsoratorium – kindgerecht in Häppchen. Torsten Meyer (Bariton) war ein witziger wie alltagskompatibler Erzähler der bekanntesten Geschichte aus dem alten Buch der Bücher. Assistiert von allen, die eine Stunde später für die Erwachsenen das wunderbare „Jauchzet, frohlocket“ noch einmal jubilieren würden.

„Selbstverständlich“, antwortete André Khamasmie (Tenor) auf die Frage, ob er sich auch für die Kindern ganz reinwürfe oder vielleicht nur markieren würde. „Selbstverständlich, das ist auch Berufsehre“, versicherten auch seine Kollegen Nicole Dellabone (Alt) und Torsten Meyer. Und Ramona Laxy (Sopran) wird das sicherlich auch unterschrieben haben, aber sie hatte in der Kinderaufführung noch frei.

Und so beantworteten also zunächst alle gemeinsam die Frage, wie denn das Fest hieße, an dem das Christkind geboren wurde, erschraken mit den Hirten gehörig vor dem Donner, der die Engel ankündigt, folgten ihnen dann mit großen oder kleinen Schritten nach Bethlehem und betrachteten durch die Augen des Erzählers das Kindlein in der Krippe. Wo das Stroh doch sehr piekste. Ob ihm die lobpreisenden Trompeten des Herrn Bach geholfen haben würden? Schließlich lag hier nicht nur das Christkind, sondern auch ein König, der als Mensch geboren werden wollte. Das hat er nun davon.

Gut, alle Kinder konnten nicht die ganze Zeit fein stille sitzen (einige waren auch einfach noch zu jung); aber ich habe auch ein Mädchen beobachten dürfen, vielleicht zehn Jahre alt, das beim Eingangschor fröhlich mitwippte. Sie kannte das Stück ganz offensichtlich. – Nachdem auch die Frage geklärt worden war, dass ein Wiegenlied mit Trompete natürlich nicht geht und man sich dafür bei den sanfteren Instrumenten umsehen müsse, entließ Torsten Meyer sein junges Publikum mit einem großen Kompliment für dessen Aufmerksamkeit und der Empfehlung, Weihnachten doch ganz genau aufzupassen. Weil dann die Engel, die immer um das Christkind schwirren, vielleicht auch zu hören sein würden. Vielleicht. Aber Musik imaginiert ja alles – auch Engelsflügelrauschen.

Eine Stunde später war Platz für die Großen.  Die St.-Marien-Kirche – ausverkauft, und das „Jauchzet, frohlocket“ brach sich ein weiteres Mal Bahn. Erik Matz hatte in diesem Jahr die gebräuchlichsten Kantate I bis III auf dem Pult. Er führte seine Akteure präzise und transparent. Zwischen melancholischer, aber nie sentimentaler Getragenheit, Sprühendem – nie zu ausufernd – und Versunkendem – nie zu dunkel. Ich behaupte, die Kantorei noch nie so sehr textverständlich gehört zu haben, das Ensemble ist immer für Überraschungen gut. Es war eine geballte musikalische Macht voller Glanz. Die orchestrale Artikulation blieb zu jedem Zeitpunkt ausgewogen und attraktiv, obgleich das Kammerorchester ein Laienorchester ist. Großes Kompliment, auch wenn Verstärkung in den Instrumenten von Profis kam!

Die Solisten lieferten einen soliden Auftritt ab. Andrè Khamasmie mit dem größten Part verdiente sich auch stimmlich ein Extrabienchen. Torsten Meyer und Nicole Dellabona absolvierten ihre Auftritte nicht immer federleicht, jedoch verlässlich und mit Intensität. Meyer im Duett mit Ramona Laxy ganz fein ziseliert. Ohne vordergründige Brillanz, mit einem breiten Fächer an Sensibilität und Gefühl wurde hier von allen angemessen musiziert.

Weihnachten kann also kommen. Und vielleicht erinnern wir uns in diesem Jahr einmal mehr und ganz besonders, dass die Geburt, die es zu feiern gilt, eine in Armut war, fern jeden Glanzes. Und dass von „Friede auf Erden“ gesungen wird…

Barbara Kaiser – 15. Dezember 2025

Initia Medien und Verlag UG