Elisaveta Suslova vor der Orgel in St- Marien – Foto: Barbara Kaiser
Beim 7. St.-Marien-Sommerkonzert saß Elisaveta Suslova an der Orgel
Am Schluss brauste und rauschte es dann doch noch von der Empore; die volle Dröhnung Hochromantik mit Max Regers Choralfantasie über „Straf mich nicht mit deinem Zorn“. Die Konzertstunde war bis dahin eher getragen und elegisch dahergekommen. Auch César Franck und dessen Choral Nr. 1 E-Dur mochte man die Tonart gefühlt eher absprechen. Das Werk ist ja kein Zitat eines Kirchenliedes, sondern ein frei erfundenes Instrumentalstück, in dem der Komponist aus den verschiedenen thematischen Gestalten die komplexe sinfonische Form kelterte. Es gab keine (wieder)erkennbare Melodie, die durchhörbar ist, eher war es eine irrlichternde Partitur. Aber vielleicht macht gerade das ihre Schwierigkeit aus, in der es, die Spannung zu halten, einiges musikalisches Vermögen voraussetzt und braucht.
Und auf keinen Fall darf man diese Fähigkeiten der jungen Organistin (*1999) Elisaveta Suslova absprechen. Aber vor dem Fortissimo-Finale des genannten Max Reger reizte sie die Strahlkraft des Instruments selten aus. Ein bisschen fröhlicher, gefälliger, vielleicht auch populärer – ohne der Anbiederei das Wort reden zu wollen – hätte es durchaus sein können, das siebte St.-Marien-Sommerkonzert. Es gab nicht den heiteren Charme, nichts Galantes, der Vortrag entledigte sich nicht einer gewissen Schwere und Betrübnis.
Denn auch die vier von sieben „Pastels from the Lake of Constance“ op. 96 von Sigfrid Karg-Elert huldigte der dunklen Seele des Bodensees, um den es ja geht mit „The soul oft he Lake“ – die Seele des Sees – , „Landscape in mist“ – Landschaft im Nebel -, „The Reed-grown waters“ – schilfbewachsenes Gewässer – und „Hymn to he Stars“ – Hymne an die Sterne. Eine dunkle, wilde Seele, obgleich mit versöhnendem Schluss, der Nebel, düster. Brechen da vielleicht ein paar Sonnenstrahlen durch. Nein, eher nicht. Das Schilf ohne imaginierte Rohrflöte. Aber eine voluminöse Hymne, das bleibt unbestritten. Aber schließlich lautete der Titel des Programms „Werde Licht“.
Die Instrumentalistin beherrschte ihr Instrument sehr wohl. Sie spielte in klaren Strukturen, verfing sich nicht in den Noten, die so gar nicht eingängig waren. Man verließ das Konzert vielleicht zwiegespalten: Ja, wieder einmal Klangneuland; aber über die gesamte Distanz der Konzertstunde hätte so viel davon nicht sein müssen… Rund 75 Hörer:innen hatten dafür in die Kirche gefunden.
Am Samstag, 23. August 2025, steht schon das vorletzte Sommerkonzert auf dem Programm. Zu hören sein wird das Ensemble „Voktett“ aus Hannover, eines der besten Vokalensembles, wie Kantor Erik Matz versprach.
Barbara Kaiser – 18. August 2025