Wiesenweihen in Gefahr
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Wiesenweihegelege in einem Getreidefeld.
Foto: Udo Bischoff
Rettungsgruppe schützt Gelege im Landkreis
Eigentlich stimmt ihr Name gar nicht mehr, denn sie hat ihr Verhalten in den letzten Jahren und Jahrzehnten den Gegebenheiten anpassen müssen: Die Wiesenweihe hat ihr Gelege nur noch selten auf einer Wiese, heute ist es zumeist auf großen Getreideflächen mit all ihren Gefahren zu finden. Die Wiesen sind mit der weniger werdenden Zahl von Kühen und Rindern zurückgegangen, mussten Ackerflächen weichen.
Doch die roten Punkte auf der Wiesenweihen-Deutschlandkarte zeigen, dass ein Hauptbrutgebiet in den Landkreisen Uelzen sowie Lüchow-Dannenberg liegt. Klingt gut, aber die Zahl von sechs nachweisbaren Gelegen im Uelzener Gebiet im letzten Jahr zeigt, wie selten die Wiesenweihe noch vorkommt. Allein deshalb bedarf sie eines besonderen Schutzes.
Da kommt die Wiesenweihe-Rettungsgruppe ins Spiel. Keine Institution, kein Verein, eben eine Gruppe, bestehend aus 14 Mitgliedern. Mit dabei sind Lena Lambers, in der Unteren Naturschutzbehörde des Landkreises Uelzen unter anderem zuständig für den sogenannten „Niedersächsischen Weg“, der Politik, Landwirtschaft und Naturschutz miteinander vereint, sowie Lena Jaerneke, bei der Unteren Naturschutzbehörde im Einsatz für den Artenschutz.
Mitte Mai wird es Jahr für Jahr für die Mitglieder der Rettungsgruppe spannend, denn dann hat die Wiesenweihe ihren tausende Kilometer langen Flug aus den Überwinterungsgebieten in der südlichen Sahelzone zurückgelegt. Doch woran lässt sich eine Wiesenweihe erkennen? „Es gibt einige typische Merkmale im Flugverhalten, an denen die Wiesenweihe gut auszumachen ist“, sagt Lars Wellmann, Ornithologe und Gründer der Gruppe. „Die Flügel sind beim Flug V-förmig ausgerichtet, die Flughöhe ist mit 10 bis 15 Metern über dem Boden relativ gering und wenn die Weihe mitten aus einem Getreidefeld aufsteigt, könnte das ein Indiz für ein Gelege sein“, erzählt er.
Dank der guten Zusammenarbeit mit den heimischen Landwirten können so im Laufe eines Frühjahrs Gelege ausgemacht werden. Ist das geschehen, gilt es, sofort zu handeln. Denn die Gefahren für solch ein Gelege, das nur aus ein paar Grashalmen besteht und bei dem die Eier einfach auf dem Boden liegen, sind groß. Fuchs, Dachs, Marder und in der Nacht der Uhu können solch ein Gelege schnell zerstören.
Mit einer Drohne wird das Getreidefeld abgesucht, „aber wir versuchen, den Drohneneinsatz so gering wie möglich zu halten, um die Wiesenweihe nicht zu stören“, so Lena Lambers. „Jede unnötige Störung kann dazu beitragen, dass die Wiesenweihe nicht erfolgreich brütet.“
Als erstes wird bei einem gesicherten Fund der Kontakt mit dem wirtschaftenden Landwirt aufgenommen. Stimmt der zu, rücken Mitglieder der Rettungsgruppe aus, um Sicherheitszäune zu ziehen. Ein Zaun in der Größe von zwei mal zwei Metern wird direkt um das Nest aufgebaut, ein weiterer steckt ggf. ein größeres Areal in der Größe von möglichst 40 mal 40 Metern um den umliegenden Bereich ab. Der Aufbau der Zäune geschieht in der Regel schnell. In der WhatsApp-Gruppe der Wiesenweihenretter wird die Nachricht eingestellt und noch am selben Tag machen sich mindestens zwei Mitglieder der Gruppe auf den Weg, um das Gelege zu suchen und ggf. Zäune zu ziehen. Damit ist die Gefahr durch ein Überfahren des Geleges durch den Landwirt und durch Raubtiere gebannt. Die Wiesenweihe kann ihre drei bis sechs Eier gesichert ablegen und ausbrüten.
Nach vier Wochen Brut bleiben die Jungvögel noch vier Wochen im Gelege. Die ganze Zeit sorgt das Männchen für das Weibchen und später auch für die Jungvögel. Die Futterübergabe ist dabei eine echte Besonderheit. Denn wenn das Männchen etwa mit einer Maus in den Fängen zurückkommt, steigt das Weibchen vom Gelege in die Luft auf und übernimmt dort das Futter.
„2019 war ein besonders gutes Jahr für die Wiesenweihen, da es ein gutes Mäusejahr war und somit ausreichend Nahrung zur Verfügung stand. Insgesamt konnten wir in dem Jahr zehn gesicherte Gelege ausmachen“, sagt Lena Jaerneke. Dazu kommt die Dunkelziffer für nicht übermittelte Gelege. „Wir freuen uns über jeden, der uns eine Wiesenweihenbeobachtung meldet, denn so können wir eventuell noch mehr Gelege schützen.“
Informationen zu den Beobachtungen nehmen Lena Lambers unter
Tel. 0581 82-3029 oder
l.lambers@landkreis-uelzen.de
und Lars Wellmann unter
Tel. 0171 5630434 entgegen.
Dirk Marwede