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Die Bühne dem Nachwuchs

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Henrieke Büscher, Anne Silbereisen, Anna Grube, Simona Staehr, Jutta Weingarten, Jasmin Rathje, Juna Röhr, Elisabeth Czaja, Bettina Krug, Janne Schmidt (von links). Foto: Barbara Kaiser

Henrieke Büscher, Anne Silbereisen, Anna Grube, Simona Staehr, Jutta Weingarten, Jasmin Rathje, Juna Röhr, Elisabeth Czaja, Bettina Krug, Janne Schmidt (von links). Foto: Barbara Kaiser

Zusammenarbeit des Bundes Bildender Künstler mit Gymnasien

„Das würden wir gerne etablieren“, sagt Simona Staehr, die Vorsitzende des Bundes Bildender Künstler, und meint damit die kleine Ausstellung, die am Sonntag, 22. Juni 2025, ab 17 Uhr (open end!) in der Galerie des BBK in Oldenstadt zu sehen sein wird. Zu Gast sind sechs Schülerinnen (wirklich nur weiblich) aus drei Gymnasien: dem „Herzog Ernst“ und dem „Lessing“ aus Uelzen und dem „Fritz-Reuter-Gymnasium” aus Dannenberg. Alle haben gerade das Abitur absolviert und dabei den Kunstleistungskurs belegt. „Es sind welche, die positiv aufgefallen sind“, sagt Jutta Weingarten, die Pädagogin aus Dannenberg. Und ihre Kolleginnen Anne Silbereisen (LeG) und Bettina Krug (HEG) stimmen ihr zu: „Die Chance, sich selber zu suchen und zu finden ist eine gute Gelegenheit“ – denn die Themenwahl für die Bilder dieser Ausstellung war freigestellt, orientierte sich nicht am Lehrplan.

Herausgekommen ist ein Kaleidoskop, das sich nicht unter einer Überschrift summieren lässt. Aber das Gespräch mit den Schülerinnen war genauso erquicklich, wie es die Arbeiten sind: Zwischen Kontemplation und politischem Statement. Natürlich ist da Handwerkliches in der Entwicklung, aber man spürt die Freude und Lust der jungen Leute, sich auszudrücken. „Wir wollen auch zeigen, was es für Talente in der Region gibt“, sagt Jutta Weingarten. Und: „Ob es entspannter macht zu malen, weiß ich nicht, aber es macht glücklicher!“

Was treibt die Ausstellenden nun an und um? Elisabeth Czaja braucht die Kunst „zum Runterkommen.“ In ihrer Arbeit „Die Nacht hat 1000 Augen“ schillern bunte Seifenblasen, die vielleicht Träume sind, leuchten Laternen heimelig (man denkt vielleicht an „Lilli Marleen“?) und glimmen viele Lichtpunkte. Es ist eine freundliche Nacht. Janne Schmidt dagegen gestaltete politisch-engagiert. Ihr „Frieden und Freiheit“ ist Plakat und Aufruf, weil es den Mauerfall mit frei fliegenden Vögeln und der „Black lives matter“-Faust bündelt. Ein weiter Blick übers Meer, ein Segelboot und ein Ballon ergänzen die Zusammenstellung. Vielleicht ist es ein bisschen zu viel imaginäre Freiheit, die ja nach der Philosophen Ansicht immer auch die „Einsicht in die Notwendigkeit“ sein muss. Sollte man sich damit beschweren, wenn man gerade 18 Jahre alt ist?

Henrieke Büscher, Anne Silbereisen, Anna Grube, Simona Staehr, Jutta Weingarten, Jasmin Rathje, Juna Röhr, Elisabeth Czaja, Bettina Krug, Janne Schmidt (von links). Foto: Barbara Kaiser

Henrieke Büscher, Anne Silbereisen, Anna Grube, Simona Staehr, Jutta Weingarten, Jasmin Rathje, Juna Röhr, Elisabeth Czaja, Bettina Krug, Janne Schmidt (von links). Foto: Barbara Kaiser

Juna Röhr will mit ihrer Kreativität ihre Gedanken äußern mit den Mitteln (und Medien), die ihr zur Verfügung stehen, sie will etwas schaffen und ihnen Ausdruck verleihen. Ihre Arbeit beschäftigte sich mit der griechischen Mythologie, es ist ein Gorgonenhaupt. Das von ihr geschaffene furchteinflößende Wesen, Medusa ist die bekannteste der Schwestern, hat leere Augenhöhlen und kommt sehr dunkel daher. Bemerkenswert ist allerdings die Technik: das Bild wurde nach Arbeit am Tablet gedruckt. Viel freundlicher dagegen ist Jasmin Rathjes Blätter-Bild. Ihre Arbeiten seien ein Teil von ihr selbst, sagt sie. Eine „Erweiterung meiner Seele“, die Ruhe und Gelassenheit geben sollen. Und Jasmin fordert den Betrachter auf, am Kleinen nicht achtlos vorüberzugehen. Damit legt sie auf ein Hauptproblem der Zeit den Finger: die ständige Hetze und Jagd. Die kaum Minuten lassen für Besinnung, sich umzuschauen, um den Zauber eben dieser welkenden Blätter überhaupt erst einmal bemerken zu können!

Henrieke Büscher sieht Kunst als essentiellen Teil des Menschseins. Man müsse etwas von sich abgeben, wenn man Dinge kreiert, zeigt sie sich überzeugt. Und es fasziniert sie, dass Maler von beispielsweise vor 200 Jahren einen Teil von sich dagelassen haben. Das ist eine wunderschöne Idee. Gemalt hat die Abiturientin ein Stillleben mit Kerzen, einem Granatapfel und Brot. Das ist Lebensfreude und -wille pur, kein Vanitas-Arrangement, wo der Tod ständig um die Ecke lugt. Obwohl auch ihre Kerzen herunterbrennen werden und der Granatapfel verderben wird…  Anna Grube malte ein Selbstporträt. Der Betrachter steht vor einer entspannten jungen Frau, die die Augen geschlossen hält, den Kopf zurücklehnt. Vielleicht hört sie Musik oder denkt über das nächste Bild nach.  Anna will die eigene Sicht auf Dinge vermitteln, will alles ausprobieren um zu „sehen, was ich kann“.

Summe: Eins scheint den jungen Künstlerinnen wichtig zu sein: sie wollen sich Zeit für sich selber nehmen. „Jetzt, wo wir immer mehr arbeiten sollen“, sagt Juna Röhr in Anspielung auf die Forderungen des neuen Bundeskanzlers, der die Work-Life-Balance für sowieso übertrieben hält, weil er auch so einer ist, der rafft und hetzt. Die sechs Schülerinnen werden sich ihm auf jeden Fall verweigern, was Hoffnung keimen lässt, dass eine andere Gesellschaft vielleicht doch möglich ist. Eine gerechtere, solidarischere, freundlichere. Diesen Eindruck jedenfalls habe ich mitgenommen nach einer Stunde im Kreise der Schülerinnen, die inzwischen ihr Abitur in der Tasche haben. Die sich vielleicht später einmal den Satz des (ost)deutschen Philosophen Gerd Irrlitz (90) zu eigen machen werden: „Die Kunst wird aufgeboten gegen die Schatten der Lebenstrauer“. Weil es immer freundlich ja nicht zugeht auf dieser Welt. Aber Elisabeth, Janne, Anna, Henrieke, Juna und Jasmin werden gewappnet sein. Mit Hilfe der Kunst.

Barbara Kaiser – 14. Juni 2025

Initia Medien und Verlag UG

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