Ein Licht für Afghanistans Mädchen

In Ketten - Foto Lars Wendlandt Achterdeck

Share

Sie schweigen nicht in meinem Herzen

Persönliches Statement von Narges

In der Geschichte dieser Welt waren Frauen allzu oft die ersten Opfer von Gewalt, Krieg und Ungerechtigkeit. Ihre Gesichter verblassen in den Archiven der Zeit, ihre Geschichten wurden zu oft überhört – Geschichten von Mut, von Schmerz, von Überleben. 
Heute, in meinem Heimatland Afghanistan, wiederholt sich dieses alte Leid. Die Mädchen meines Landes – voller Träume, voller Neugier, voller Zukunft – werden durch Krieg und durch die brutale Herrschaft der Taliban systematisch ihrer Rechte beraubt. Ihnen wurde das Recht auf Bildung genommen, die Türen der Schulen sind verschlossen, ihre Stimmen zum Schweigen gebracht.
Doch sie schweigen nicht in meinem Herzen. Ich sehe ihre Gesichter, höre ihre unausgesprochenen Geschichten.
Gemeinsam mit Brigitte Schulz habe ich dieses Fotoprojekt ins Leben gerufen als Zeichen der Solidarität, als Stimme gegen das Vergessen. Unsere Fotografie will nicht nur den Schmerz sichtbar machen, sondern auch die ungebrochene Stärke dieser Mädchen, ihre Würde und ihre Hoffnung. 
Ich trauere mit ihnen, aber ich will auch ein Licht sein in dieser Dunkelheit. Ich möchte ihnen zurufen: Ihr seid nicht allein. Eure Geschichten sind wertvoll. Euer Mut ist unvergesslich. Und wir werden nicht aufhören, an euch zu glauben heute, morgen und solange es notwendig ist.

Musikalischer Befreiungsschlag / Entfesselte Fotos

Bildung ist Zukunft. Musik machen ein Menschenrecht. Unbegreiflich, dass vielen Frauen auf dieser Welt all das und noch mehr verwehrt wird.
Unsere Jahrespraktikantin Narges kommt aus Afghanistan. Ihr Praktikum bei uns endet vor den Sommerferien. Sie weiß, wie das ist, wenn Frauen unter Verboten zu leiden haben. Genauso weiß sie zu schätzen, was bei uns möglich ist.
In unserem kleinen Stadtatelier für kreative Inklusion hatte sie zuerst das Schlagzeug für sich entdeckt. Narges dahinter erleben zu dürfen, hat sich beim ersten Mal für uns alle an wie ein Befreiungsschlag angefühlt. Darum haben wir diese Fotos gemacht. Narges wird selbst noch einen Artikel dazu schreiben. Sie spricht drei Sprachen fließend und begeistert auch sonst als Multitalent. Ob an Musikinstrumenten, am PC, vor oder hinter der Kamera oder im Umgang mit Menschen. Wir werden Narges vermissen. Was uns tröstet: Sie wird ihren Weg machen und irgendwie auch immer Teil unserer Atelierfamilie bleiben.
Wir haben mit ihr viel über die Situation in Afghanistan und überhaupt über Frauenrechte diskutiert. Auch darum freut es mich, dass Lars Wendlandt mitfotografiert hat. Doch nicht nur, dass ich mich mit ihm an der Seite vollkommen sicher fühle, weil er hervorragend fotografiert und behutsam mit den Menschen vor seiner Kamera umgeht. Nein, er kann auch aus Positionen heraus fotografieren, die ich mit meiner Erkrankung nicht mehr einzunehmen vermag. Zwar könnte ich mich noch auf den Boden legen, käme aber nie wieder hoch. Wir ergänzen uns also in mehrfacher Hinsicht. Ach ja, Musik machen kann er auch. Und Pfiffigenie findet ihn auch super.
Doch zurück zum Motiv:
Narges sieht in ihrer afghanischen Tracht zauberhaft aus. Erst auf den zweiten Blick ist zu erkennen, welch ernstes Thema wir behandelt haben. Mindestens eines der Bilder wird auch Teil der nächsten Ausstellung sein und so auch Grundlage für weitere Diskussionen.
Ich werde auch weiter alle mir zur Verfügung stehenden Kommunikationsmittel und auch Kooperationen nutzen, um deutlich zu machen, dass wir eine bunte Welt voller Respekt, Akzeptanz und Toleranz brauchen und (!) dafür einstehen müssen.

Brigitte Schulz