Die Situation war nahezu sphärisch: Katharina Krauss spielte auf der Trompete und blieb an der Seite der Besucher, die nach der Ausstellungseröffnung bei herrlichstem Sonnenschein in der Innenstadt vor die Schaufenster der Geschäfte strömten, um sich einen Eindruck vermitteln zu lassen von der Aktion des Kunstvereins. Der überrascht anlässlich seines 50. Geburtstages mit Ungewöhnlichem:
Das Projekt wurde langfristig vorbereitet; jetzt präsentiert sich das Ergebnis. „Kunst im Schaufenster“. Bilder von 19 Künstlerinnen und Künstlern gibt es zu sehen. Die Innenstadt wird Kunstmeile. 32 Geschäfte machen mit und stellen ihre Fenster an der Veerßer, Lüneburger, Bahnhofs-, Gudes- und Turmstraße zu Verfügung. Mehr als 60 Arbeiten präsentieren sich. Mit dabei sind die Urgesteine und Gründungsmitglieder des Kunstvereins Waldemar Nottbohm und Georg Lipinsky sowie altbekannte Namen – Renate Schmidt, Helmut Bredtmeyer und Wilhelm Tarnow. Dazu gesellen sich die erfreulich vielen, die erst seit ein paar Jahren die Ausstellungen von BBK und Kunstverein (Mitgliederausstellung) bereichern oder im neuen Kunstquartier an der Schmiedestraße tätig wirken wie Jochen Quast, Claudia-Krieghoff-Fraatz, Kerstin Sørensen, Ulrike Bals, Simona Staehr, Sophia Bornhagen und zahlreiche andere. Und wie sagte die Vorsitzende des Bundes Bildender Künstler, Simona Staehr, als sie ihre Arbeit im Kaufhaus Ramelow installierte, so kurz wie treffend: „Diese Aktion ist belebend für die Stadt, für die Künstler, für alle.“
Bürgermeister Jürgen Markwardt ist ja leicht zu begeistern. Diesmal hat er dafür jedoch allen Grund: „Raus aus den Galerien und Ateliers“, freute er sich. „Wir gehen zu den Leuten“, resümierte er das Unternehmen im Sinne des Kunstvereins. Er wog in seinen Begrüßungsworten jedoch auch ab: Kunst wolle doch aber für sich stehen und wirken, sagte er, nicht nur Dekoration sein. Dass eine Balance gefunden wurde zwischen einer wirkenden Kunst und einer Stätte – das Geschäft – in denen man darüber auch ins Gespräch kommen kann (könnte), davon lassen sich bestimmt die meisten, die sich auf die Spur der rund 60 Bilder begeben, überzeugen. Denn was hier vielleicht ein wenig theoretisch oder trocken klingt, entpuppt sich als eine lebendige Innenstadt.
Es ist keine neue Idee, Kunst auf diese Art so öffentlich zu präsentieren. Das Stadtoberhaupt konnte berichten (auch wenn er dabei ein paar historische Zahlen verdrehte), dass bereits Èdouard Manet im Jahr 1877 für einen Skandal sorgte, als er die Geliebte des Prinzen von Oranien beim Schminken malte, der adlige Herr schaute zu. Bei der sittenstrengen Jury war das Bild für die Salonausstellung in Paris durchgefallen, jetzt konnten es alle sehen, im Schaufenster eines Nippes-Ladens. Nun, Skandale werden nicht zu erwarten sein vor den Ladenscheiben in Uelzen. Dafür aber gibt es eine Entdeckungsreise. Machen Sie sich auf, liebe Leserinnen und Leser, bis zum 20. Mai 2025 geht das! Als Leitfaden gibt es einen übersichtlichen Flyer mit allen Stationen. An den Dienstagen 29. April, 9. und 13. Mai 2025 wird es Führungen geben. Treffpunkt dafür ist um 17 Uhr die Tourismus-Information am Herzogenplatz.
Barbara Kaiser – 27. April 2025 (Text und Fotos)