Mit Charme und Spielwitz

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Kammerorchester Uelzen bot sein Jahreskonzert „vordergründig – tiefgründig“

Heiko Schlegel, der frisch gebackenen Kulturpreisträger des Landkreises und Leiter des Kammerorchesters Uelzen seit 25 Jahren – ein Hoch auf dieses Jubiläum -, hatte sich wieder Feines ausgedacht mit dem Programm 2025. „Vordergründig – tiefgründig“ nannte er es, eine Paarung, die ihn schon lange beschäftige, wie er zugab. Einerseits verpflichtete er mit den zwei Soloinstrumenten, Bassklarinette und Violoncello, zwei tiefe Lagen, aber er meint es noch anders. Nebenbei: Eigentlich muss es ja „vordergründig – hintergründig“ heißen, aber es sei dem Musikpädagogen mal gestattet. Schlegel ordnete den beiden Worten eingängige, gefällige Noten beziehungsweise motivisch differenzierter, kompliziertere bei. Aber ist das wirklich so? Vielleicht sollte man nicht zu viel Theorie, gerade die Musik betreffend, ersinnen. Auf jeden Fall kam das Konzert, wie bei Schlegel immer, nicht auf breitgelatschten Konzertprogrammpfaden daher: Es changierte zwischen Barock, Romantik und Neuer Musik.

Die beiden Zeitgenossen Geraldine Green (*1967) und Aulis Sallinen (*1935) stellten die Solokonzerte. Das für Bassklarinette und Streichorchester aus dem Jahr 1992 und die Chamber Music III op. 58 „The Nocturnal Dances of Don Juanquixote“ für Violoncello und Orchester. Zu Gast waren Nadine Gaafke (Klarinette) und Laura Moinian (Violoncello). Die Musikerinnen, die beide ihr Studium abgeschlossen haben, besitzen bereits reichlich Konzerterfahrungen. Und es ist stets eine Freude, wie sich die Profis mit dem Laienorchester arrangieren und engagieren und daraus ein Konzerterlebnis wird.

Nadine Gaafke

So auch diesmal. Das Bassklarinettenkonzert klang manchmal nach Gershwin („Ein Amerikaner in Paris“), war aber eine ungeheuer witzige Angelegenheit. Die Klarinette fast wie das Fagott, der Spaßmacher im Orchester, die Noten nicht wie Neue Musik, nur hier und da eine kleine Dissonanz, die das Ganze aufpeppte und nicht in der Süße versinken ließ. Fröhlich brummend also, inniglich das Orchester, mit viel Empathie und gutem Zugriff. Vielleicht hätten die vorhandenen sinfonischen Passagen ein wenig energischer sein können, ein bisschen schwelgerischer. Aber dann ist das ein anderer Interpretationsansatz.  Nadine Gaafke beherrschte ihr Instrument souverän und versprüht Charme und Spielwitz. Heiko Schlegel dirigierte sehr genau, mit spürbarer Liebe zum Detail.

Danach wurde es Barock, ein großer Zeitsprung zurück also. Die Suite „Burlesque de Quixotte“ von Georg Philipp Telemann stellt sich den Windmühlenkämpfer und seinen Knappen samt Gaul Rosinate, Esel und Prinzessin Dulcinea zunächst recht staatstragend vor. Es gibt Attacken (gegen die Windmühlen) ganz ohne Blech und der Galopp von Pferd und Esel sind eher flotte Menuette. Die Prinzessin seufzt hinreißend zur Oboe. Eine schöne runde Sache, die Musik genüsslich auskostend gespielt.

Laura Moinian

Nach der Pause der Violoncello-Auftritt. Die Noten sind eine Melange aus Neoromantik und aufregend neuen Klängen. Manchmal pointiert, in spanischem Flair – olé! Solistin und Orchester durchsegeln dieses musikalische Universum, jeder Ton hat Substanz und die Potenz, zu leuchten. Die erzeugte Energie dieses Vortrags vibrierte förmlich. Genauso wie bei der folgenden España-Suite op. 165 von Isaac Albéniz. Ihr berühmtestes Stück, den Tango, gab es am Ende noch einmal als Zugabe. Nachdem die Kastagnetten und das Tamburin, die Harfe und Klarinette ein zauberhaftes Schwelgen, eine spanische Nacht, imaginiert hatten. Mit Serenade, einem katalanischen Capriccio und den Tänzen Malagueña und Zortzica.

Bravo einmal mehr dem Kammerorchester Uelzen, das Heiko Schlegel in 25 Jahren unter seiner Leitung zu einem beachtenswerten musikalischen Niveau geführt hat und für dessen Auftritt er immer ein durchdacht-einfallsreiches Programm bereithält.

Barbara Kaiser – 28. September 2025