Endspurt mit Orchester

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16. Internationale Sommerakademie absolvierte erstes Abschlusskonzert

Traditionell findet eines der beiden Sommerakademie-Abschlusskonzerte im Kloster Medingen statt, weshalb Hinrich Alpers es nicht versäumt, der Hausherrin, Äbtissin Dr. Püttmann, mit einem Blumenstrauß Dank zu sagen. Dafür, dass einige Studenten ihre Unterrichtsstunden dort absolvieren und dass in der kleinen Kirche das Konzert stattfinden darf. Es geht immer recht eng zu; aber mit den Jahren haben sich Gäste und vor allem das Orchester, das Kammerorchester Wratislavia aus Wrocław, wohl daran gewöhnt. –  Die vorletzte Runde also, ist die Woche voller wunderbarer Musik wirklich schon wieder vorbei? Den Zuhörern brachten diese Tage staunenswerte Hörerlebnisse und Begegnungen mit jungen und ganz jungen Instrumentalisten, die anrührten und zu überzeugen wussten durch die Ernsthaftigkeit ihres Tuns.

Das erste Abschlusskonzert durfte Norina Hirschi (Schweiz/23) mit dem Allegro con brio aus Beethovens Klavierkonzert Nr. 1 C-Dur op. 15 eröffnen. Das Konzert nötigte dem Komponisten lange fünf Jahre ab und wurde erst fertig, als das zweite schon abgeschlossen war. Beethoven war in Wien im Verständnis der Konzertbesucher der Nachfolger Mozarts geworden. Und in diesem Stil kommen auch die beiden ersten Klavierkonzerte daher.

Das Orchester ging sein langes Vorspiel ein wenig schwerfällig an, aber die Solistin kam nach einem anfänglichen Stolpern sehr gut in die fröhlichen Läufe und poetische Verspieltheit. Norina Hirschi agierte mit Sinn für die eigene Pointe, vor allem in der schönen, emphatischen Kadenz.

Elisa Speer (19) spielte den Schlusssatz aus Mozarts Violinkonzert G-Dur

Danach Mozarts Violinkonzert Nr. 3 G-Dur KV 216. In die Sätze teilten sich Saki Shimomiya (Japan/26), Tara Iman Bongardt (18) und Elisa Speer (beide Deutschland/19). Es war ein charmant musziertes Vergnügen: Der brillante Wirbelwind Shimomiya sehr souverän mit atemberaubender Kadenz. Das Adagio von Satz zwei: Was für ein feiner Strich, die Interpretin Bongardt ganz hingegeben. Und das Rondeau Allegro zauberte in prickelndem Concertare mit Feuer. Das Orchester unter Konzertmeisterin Roksana Kwaśnikowska bereitete den Solisten ein durchhörbares Klangbett. Nirgendwo verpatzte Einsätze oder Ungenauigkeit.

Die drei folgenden Klavier-Soli waren reine Freude. Hans-Derek Yu (USA/24), der bereits in einem Akademiekonzert mit Strawinskys „Petruschka“ reüssiert hatte, legte sich dieses Mal Frédéric Chopin und dessen Sonate b-moll op. 35 aufs Pult (Grave – Doppio movimento). Der junge Mann spielte mit großartiger Eindringlichkeit, die Tempi wirkten nie willkürlich, sondern fanden einen suggestiv geschlossenen Ton.

Khongor Buyandalai ist elf Jahre alt und brachte ein temperamentvolles „Rondo alla turca“ zu Gehör

Zitong Li (China/17) brachte Robert Schumanns „Faschingsschwank aus Wien“ mit.  Intermezzo und Finale erklangen vehement und lustvoll, in einer entfesselten Unbedingtheit. Danach der Benjamin: Khongor Buyandalai (Deutschland/11). Das spielende Kind hat immer einen Bonus – den brauchte dieser Junge nicht. Er überzeugte mit Mozarts Rondo alla turca aus der Klaviersonate a-moll KV 331. Das ist die mit dem Wiegenlied im ersten Satz und der wilden Jagd des türkischen Marschs. Der Elfjährige brachte der Partitur eine temperamentvolle Liebe entgegen, suchte ihre Zartheit genauso wie die seelenvoll melodischen Partikel, hatte aber ganz viel Spaß am schnellen Spiel des Schlusses.

Ganz entspannt: Pause bei Musiker:innen

Abschließend begleitete das Kammerorchester  Kateryna Markina (Ukraine/17) für das Allegro aus Mozarts Violinkonzert A-Dur KV 219. Es ist das anspruchsvollste der fünf Violinkonzerte des Komponisten; nach dessen Vollendung verweigerte sich der Salzburger diesem Instrument. Diese Noten sind eine Klangdroge auch schon im ersten Satz voller elektrisierender Spannung. Im Spiel ließen die enge Verwebung zwischen Solo und Tutti keine Wünsche offen. Ein gelungener und schöner Abschluss dieser zwei Konzertstunden in Medingen. Das Publikum verließ sicherlich sehr zufrieden das Haus.

Barbara Kaiser – 09. August 2025