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It's Trumann

Its Tru(mann)

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Wein-Lese

Der Verfasser dieser Zeilen hat eine Leseschwäche. Wo Buchstaben sind, muss er hingucken. Ob auch Rebaugen sehen, gar lesen können? Der Leser von Büchern und Beeren konnte sich des Eindrucks nicht erwehren angesichts der Rebstöcke am Uelzen-Museum, dem alten Sparkassengebäude. Dort, links und rechts des Eingangs zum Bankautomaten, prangt jeweils ein Schild mit der Aufschrift „Lasst uns gemeinsam die Stadt zum Blühen bringen!“. Wie durch diese Worte ermuntert, ranken und streben die Reben weit über die Schilder hinaus, dem Dache entgegen.
Zwischen diesen beiden ist ein dritter Rebstock, dem kein Schild vergönnt war, im vorigen Jahr eingegangen, verdorrt. Als ob er aufgrund mangelnder Beachtung und Wertschätzung verkümmerte.
Auf einem nachträglich und niedriger angebrachten Schild steht dort nun in großen Lettern „Essbare Stadt“. Das scheint dem in diesem Jahr nachgepflanzten Rebstock nicht geheuer zu sein. Als wage er kaum, darüber hinauszuwachsen, schiebt er sein Grün, vorsichtig rankend, links und rechts daran vorbei.
Über den „Vater“, den Erfinder des Rebstocks, fand der Leser von Büchern und Beeren bei den Propheten der Bibel Worte des Jammers über menschengemachtes Leid: „Darum weine ich mit Jaser (einst Asylstadt) um den Weinstock von Sibma (Jordanien)“ – über Kriege und Ernteverluste, deren Ursache in der Gottlosigkeit gesehen wird. Gott wird nicht an unserer Missachtung verkümmern wie der Rebstock am Uelzen-Museum – von dem auch unter besten Bedingungen in den ersten drei Jahren keine Trauben zu erwarten sind – aber zum Weinen findet er den Umstand schon und ließ den Propheten schreiben: „Darum muss ich heimlich weinen über solche Hybris.“
Dass nicht alle Hoffnung dahin ist, zeigt ein befreundeter Landwirt, der noch glauben kann und mag: „Wachstum und Gedeihen kommt aus des Herren Hand“, der sich bedankte für erhörtes Gebet und den Segen sanften, „gnädigen“ Regens, der, auf Nachfrage, geeignetes Wetter bestätigte und später zufriedenstellenden Ernteertrag.
„An ihren Früchten sollt ihr sie erkennen“, die Erlesenen unter den Menschen, sagte Jesus. Gebe Gott, dass sein Bodenpersonal nicht als ein Haufen dröger Korinthenkacker wahrgenommen wird, noch als schale, fade Hülsen, sondern, seiner Absicht gemäß, vor Gerechtigkeit, Güte, Wahrhaftigkeit und Liebe nahezu trieft – und dass wir, derart erstrebenswert strebend, alle so würden und es keinen Grund zum Weinen und Jammern mehr gibt.

It´s Tru[mann]

Initia Medien und Verlag UG

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