„Inquan dehna metachehu!“
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Fotos: Erika Burghardt
Deutsch-äthiopische Begegnungen
„Tena Yist’illin? Indemenatshehu? Selam natshehu?“ – „Seid ihr wohlauf? Wie geht es euch? Ist Frieden bei euch?“ Mit diesen Worten grüßte die Delegation aus Äthiopien freundlich aus dem Auto heraus die Menschen im Bibelgarten vor dem Oldenstädter Gemeindehaus. Alle freuten sich auf das deutsch-äthiopische Treffen. Anne Schorling, die einige Jahre in Äthiopien gearbeitet hatte, antwortete spontan auf Amharisch: „Inquan dehna metachehu!“ – Herzlich willkommen!
Die äthiopische Delegation war zum Kirchentag nach Hannover gereist, um dort über die Arbeit der „German Church“ und das Sozialprojekt „German Church School“ zu informieren. Danach besuchten die Gäste verschiedene deutsche Partnergemeinden und Schulen; obwohl Oldenstadt keine offizielle Partnergemeinde ist, bestehen dennoch langjährige Kontakte zur deutschsprachigen „Kreuzkirche“ in Addis Abeba. Umso mehr freute sich die Gemeinde über den Besuch der Äthiopier am 8. Mai 2025. Die Delegation reiste aus Hermannsburg an, wo weitere Programmpunkte folgten.
Im Gemeindehaus begrüßten Vertreter des Kirchenvorstands die Gäste sowie Pastor Dr. Jürgen Klein, Direktor Ato Teklu Tafesse und Sozialarbeiter Merdassa Kassaye. Das Vormittagsprogramm diente dem gegenseitigen Kennenlernen und dem Austausch über das Gemeindeleben in Oldenstadt und Addis Abeba. Besonders interessierten sich die Äthiopier für den nahegelegenen „Friedensort Woltersburger Mühle“, da in Äthiopien trotz Friedensabkommen vom November 2022 weiterhin Krisen und viele Geflüchtete aus Nachbarländern Schutz suchen.
Nach einem regen Austausch zu religiösem, kulturellem und sozialem Leben fand am Nachmittag der Besuch im „Friedensort Woltersburger Mühle“ statt. Pastorin Klara Butting führte die Gäste durch das Gelände und stellte die vielfältigen Aktivitäten zu sozialem Engagement, Spiritualität und Nachhaltigkeit vor. Besonders die Angebote für Jugendliche und das Bildungszentrum stießen auf großes Interesse.
Beeindruckt vom Rundgang genoss die Gruppe im Skulpturenpark auf dem „Weg des Friedens“ die friedliche Atmosphäre und das schöne Wetter zwischen Frühlingsblumen.
Anne Schorling erinnerte daran, dass der 8. Mai 2025 ein besonderer Tag ist: Vor 80 Jahren endete der Zweite Weltkrieg. Damals lag Deutschland in Trümmern, die Not der Bevölkerung war groß. In dieser schwierigen Zeit half Äthiopien: Kaiser Haile Selassie ließ Wolldecken, Kaffee und Getreide im Wert von über 200.000 US-Dollar nach Deutschland schicken. Diese Hilfe ist heute kaum noch bekannt, war aber für viele Menschen überlebenswichtig. 1954 besuchte Kaiser Haile Selassie als erster Staatsgast nach dem Krieg die Bundesrepublik, was das internationale Ansehen Deutschlands stärkte und die Isolation beendete.
Nach diesem historischen Rückblick führte ein Rundgang die Delegation durch den Bibelgarten zur historischen Taufstelle am Klein-Liederner Bach und zur Kirche „St. Johannes der Täufer“. Dort bestaunten die Gäste die Gestaltung des Kirchenraums, die historische Taufschale und den Taufengel.
Zum Abschluss sprachen die äthiopischen Gäste ein Friedensgebet auf Amharisch und sangen gemeinsam mit den Anwesenden „Dona nobis pacem“. Der Besuch aus Äthiopien war geprägt vom gegenseitigen Lernen und einem tiefen Austausch, für den die Gemeinde Oldenstadt herzlich dankt.
Anne Schorling