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Ein Hoch auf die „ernste Musik“!

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Ein ungewöhnliches Orchester will Schüler:innen einen Konzertbesuch schmackhaft machen

Ein ganzer Theatersaal voller junger Menschen – das ist der Traum eines jeden Veranstalters. Eines Veranstalters mit klassischem Repertoire gleich noch mal. Am Dienstagvormittag konnte man diesen Zustand im Theater an der Ilmenau erleben. Und auch wenn ein pünktlicher Beginn lobenswert gewesen wäre (klassische Konzerte fangen immer auf den Punkt an) und die Applauskultur der jungen Leute noch einiges zu wünschen übrig ließ; sie, die 9. und 10. Klassen der Uelzener Gymnasien, waren gekommen um zu erfahren, dass es neben Rock, Pop, Hiphop noch anderes gibt. Anderes, aus dem heutige Musik erwachsen ist, will sie ernst genommen werden und nicht nur Eintagsfliege sein.

Konzertmeister Camillo und der Dirigent Florian Herkenrath.

Das Schulmusiker-Studierenden-Orchester (was für ein sperriges Wort!) hatte eingeladen, alles selber organisiert, in den Schulen geworben und für eine Vorbereitung, so die nicht im Musikunterricht stattfand, gesorgt. Das jedenfalls berichtet Heiko Schlegel, Musikpädagoge am Herzog-Ernst-Gymnasium und Leiter des Uelzener Kammerorchesters.

„Wir sind ein Zusammenschluss aus Schulmusikstudierenden der fünf norddeutschen Musikhochschulen HfK Bremen, HfMT Hamburg, HMTM Hannover, MH Lübeck und HMT Rostock und machen eines mit unglaublich großer Leidenschaft: Musik!“ So verkündet es die Homepage des Klangkörpers, deren Mitglieder einmal dafür Sorge tragen werden, wie gefüllt die Konzertsäle der Zukunft sind. Denn dass es damit nicht erst seit gestern und nach Corona Probleme gibt, pfeifen die Spatzen von den Dächern. Dabei lebt man doch nur halb ohne ein gewisses Verständnis für die klassische Musik im weitesten Sinne.

So machen die Studierenden in diesem Orchester nicht nur selber mit „großer Leidenschaft“ Musik, sie wollen die Lust daran auch vermitteln. Es wird schließlich auch einmal ihr Beruf sein in den Schulen. Das probierten sie an diesem Vormittag im Theater. Auf dem Programm stand zunächst die Sinfonie Nr. 6 F-Dur op. 68 von Ludwig van Beethoven, die den schönen Beinamen „Pastorale“ trägt. Ein Wort aus der Theologie, das die Seelsorge bezeichnet. Was braucht es also hier noch einen weiteren Beweis dafür, dass Musik der Seele gut tut!

Flötistin Leonie erklärt, was Spiel in einem Orchester ausmacht.

Die Sechste ist die einzige Sinfonie Beethovens, die deutsche Satzbezeichnungen hat und, das ist wohl unbestritten, die kräftigsten Bilder zu imaginieren weiß. Mit „Erwachen heiterer Empfindungen bei der Ankunft auf dem Lande (Satz 1), der „Szene am Bach“ (Satz 2), dem „Lustigen Zusammensein der Landleute“ (Satz 3), „Gewitter und Sturm“ (Satz 4) und „Hirtengesang. Frohe und dankbare Gefühle nach dem Sturm“ (Satz 5).

Das Studierenden-Orchester spielte die Sätze 1, 3 und 4. An Moderation und Einführung ist sicherlich noch zu arbeiten, die waren didaktisch nicht auf dem Niveau, das man 9. und 10. Klassen zumuten kann und waren oft bloße Anbiederung. Und kurze Musikbeispiele hätten die Noten des Komponisten viel plastischer gemacht. Die Jagdszene zum Beispiel, der musikalische Reigen, nach dem die Dorfleute tanzen…

Was die künstlerische Qualität des Spiels unter der Stabführung von Florian Herkenrath angeht, so ist da Luft nach oben. Den weiten Bögen und vor allem dem Donner und Sturm fehlte es entschieden an Energie. Der Dirigent konnte nicht immer die notwendige, vorantreibende Spannung aufbauen. Wenn aber von den rund 400 Schüler:innen nur jeder zehnte vielleicht zu Hause zu einer Beethoven-CD greift oder sich auf Spotify umguckt, dann ist schon viel gewonnen.

Die folgende sinfonische Dichtung „Finlandia“ op. 26, Jean Sibelius` Hymne an die Freiheit und auf sein Land, das nach Schweden nun in Teilen zu Russland gehörte, gelang nicht meisterlich, aber unbedingt frisch, mutig, fröhlich und direkt. Nach dem Schülerkonzert am Vormittag spielten die jungen Musiker:innnen am Abend für die Uelzener Öffentlichkeit ihr Sinfoniekonzert, das durch das Cellokonzert d-moll von Èdouard Lalo aus dem Jahr 1876 mit Levente Ballint am Soloinstrument ergänzt wurde. Es hätten ein paar mehr Zuhörer:innen kommen können.

Barbara Kaiser – 21. August 2024

Die Moderatoren: Franzi und Clemens.

Initia Medien und Verlag UG

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