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Der Angriff auf das Weihnachtslicht

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Foto: Gerard Minnaard

Ich verurteile den Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine. Selbstverständlich hat die Ukraine das Recht, sich zu verteidigen. Ich befürworte die Waffenlieferungen an die Ukraine. Doch damit fangen die Schwierigkeiten an. Was heißt „die“ Waffenlieferungen? Sind alle Waffen erlaubt? Gibt es keine roten Linien? Oder werden die roten Linien immer wieder grün bis …
Wir erleben eine Dynamik der Militarisierung. Die Bilder in den Medien zeigen täglich die Kriegsschauplätze, die uns am nächsten sind. Die Talkshows, die nicht ohne ständige, oft einseitige Zuspitzungen auszukommen scheinen, konfrontieren uns täglich mit Stimmen aus der Ukraine und dem Gazastreifen und mit Politiker/innen und Expert/innen, die sich zu dem Geschehen äußern. Auch die Bilder von Militär und Militärgerät im eigenen Land nehmen in den Medien zu. Und täglich hören wir den Ruf nach immer mehr Geld für immer mehr Waffen. Wir sind in einer Dynamik der Militarisierung verstrickt. Der Zeitgeist trägt eine Uniform.

Auch die Sprache hat sich geändert. Wir sollen „kriegstüchtig“ werden. Warum sprechen wir nicht von verteidigungsfähig? Dazu gehören durchaus auch Waffen. Aber nicht nur. Wir bräuchten eine Wehrpflicht. Warum sprechen wir nicht von einem Gemeinschaftsdienst? Dazu gehört durchaus auch der Dienst in einer Armee. Aber nicht nur. Warum diese martialische Sprache?
Und nun gibt es also ein Siegesplan. Warum nicht Friedensplan? Ich kann vielleicht noch nachvollziehen, dass die Ukraine diese Kriegssprache benutzt, auch wenn ich mich damit schwertue. Doch Menschen, die angegriffen werden, haben mehr Rechte als andere. Aber wir? Müssen wir diese Sprache übernehmen? Nein. Die Menschen, die bei uns Verantwortung tragen, müssen sie ablehnen – denn der Weg zum Sieg ist in diesem Fall nicht der Weg zum Frieden.
Kriegstüchtig. Wehrpflicht. Siegesplan. Das ist auf jeden Fall nicht die Sprache der Kirche. Wenn die führenden Gremien der Kirchen sich nicht bald gemeinsam gegen die Militarisierung der Sprache und der Gesellschaft aussprechen, machen sie sich der Verfinsterung des Weihnachtslichtes schuldig.

Ein weihnachtliches Essen

Zu dem Gelände der Woltersburger Mühle gehören viele Skulpturen. Die meisten Kunstwerke haben einen besonderen Hintergrund. Themen wie Frieden, Nachhaltigkeit und Versöhnung spielen eine Rolle. Manchen Menschen fällt auf, dass es unter den vielen Skulpturen kein Kreuz gibt, obwohl man das in einem Projekt mit einem christlichen Hintergrund doch erwarten würde. Doch die Woltersburger Mühle will ein Ort für alle Menschen sein, die eine gerechte, friedvolle und nachhaltige Gemeinschaft suchen. Es spielt dabei keine Rolle, ob man Mitglied der Kirche ist. Es geht auch nicht darum, Werbung für die Kirche zu machen. Die Mission heißt Humanität und nicht Mitgliedschaft in einem Verein. Entscheidend sind nicht Symbole, die aufgrund ihrer Geschichte auch abschrecken können, sondern Begegnung, Gespräche und gemeinsames Handeln.

Wenn ich dann doch über ein Symbol für die Arbeit der Woltersburger Mühle nachdenke, dann kommt mir der Weidenraum mit dem großen Mühlenstein auf dem Weg des Friedens in den Sinn. Ein großer Esstisch, an dem alle Platz haben. Das ist unsere Mission.

Miteinander essen, das kann schön sein.
Froh zu Tische sitzen, lieben wir.
Gaben lasst uns teilen und auch noch verweilen,
schön, dass wir zusammen sind.
Schön, dass wir zusammen sind.

Deshalb gibt es eine besondere Verwandtschaft mit dem Gemeinschaftsessen der Uelzer Tafel im Martin-Luther-Haus, das die Kochgruppe schon viele Jahre anbietet. Denn hier kommen an jedem Dienstag Menschen zusammen, die sich sonst in unserer Gesellschaft wahrscheinlich nie begegnen würden. Menschen, die wenig Geld haben, bekommen fast kostenlos eine gesunde Mahlzeit. Menschen, die bis jetzt etwas mehr Glück hatten im Leben, kommen dazu und teilen ihre Zeit. Das gilt für die Frauen und Männer, die das Essen vorbereiten und das gilt für einige andere Frauen und Männer, die zum Essen kommen, obwohl sie nicht unbedingt wenig Geld haben. Es ist schön, dass sich Menschen zu diesem Gemeinschaftsessen an jedem Dienstag im Martin-Luther-Haus zusammenfinden. Es hat in diesen krisenhaften Zeiten eine weihnachtliche Strahlkraft.

Gerard Minnaard

Bestattungshaus Kaiser

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