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Suche nach neuen Horizonten

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Experimentell, leidenschaftlich und intuitiv Maike Osterkamp lebt ihren Traum​

Wir haben uns mit dem Künsterler-Paar über Ihre Arbeit und Tango Argentino unterhalten…

Im Mai 2022 hat sie ihre Fahnen im Landkreis Uelzen abgebrochen und ist aufgebrochen zu neuen Ufern in den Norden, nach Stexwig an der Schlei. Seit über 20 Jahren beschäftigt sie sich mit Malerei, hat in den zwei Jahrzehnte Workshops und Kurse bei verschiedenen Künstler:innen besucht, um ihren eigenen Stil zu entwickeln und ihre Kreativität auszuleben. 26 Jahre hat sie zuvor im Landkreis Uelzen gelebt und hier als Diplom Oecotrophologin bei der Bohlsener Mühle gearbeitet.

Liebe Meike, du warst ja auch in der Produktentwicklung tätig, gibt es in der geschmacklichen Kreativität und der künstlerischen Parallelen zu entdecken
Parallelen gibt es insofern, dass ich immer versuche mich nicht zu sehr auf ein Ziel zu fokussieren, sondern meine Achtsamkeit auf den Prozess lege. Bei meinen Bildern führt es dazu, dass sich eine erste Bildidee auf einmal komplett wandelt und ein ganz anderes Motiv sichtbar wird, welches viel stärker ist. Bei der Produktentwicklung von Keksen habe ich natürlich eine Aufgabe für ein konkretes Produkt, z.B. für einen Keks. Wenn ich aber immer nur dieses ganz konkrete Produkt im Fokus habe und nicht offen bin für das, was sich rechts und links noch an Geschmacksrichtungen auftut, verpasse ich vielleicht eine weitere Produktidee. Das Ziel ist aus meiner Sicht also nicht das fertige Bild oder der Keks, sondern die Offenheit für den Prozess.

Du arbeitest mit unterschiedlichen Farben, Materialien und Untergründen, bindest sogar Objekte mit in deine Werke ein -sind sie Spiegel deiner Stimmungen und Gefühle oder ist es einfach die Freude am kreativen Prozess, der dich in die verschiedenen Fahrwasser bringt?
Sowohl als auch. Manchmal überwiegt der experimentelle Prozess. Wie gehe ich mit dem Material um, welche Effekte kann ich erzielen, wie finde ich eine optimale Lösung usw.. Überwiegend aber fließen meine Emotionen in den Prozess mit ein. Ich arbeite intuitiv, starte oft mit der Erzeugung eines Chaos auf der leeren Leinwand. Je nach Stimmung, in der ich das Bild betrachte, ergeben sich andere Wege, die mir das Bild aufzeigt. Andere Muster, die ich im Chaos erkenne und denen ich folge. Da ich nie nur ein Bild male, sondern mehrere zeitgleich und dass über einen längeren Zeitraum, finden sich viele Schichten auch unterschiedlicher Gefühlslagen in dem Bild wieder.

Du sagtest im Gespräch, dass deine Bilder Raum für die Phantasie des Betrachters geben. Wie befeuerst du deine Phantasie während deiner Arbeit an einem Bild?
Ich glaube hauptsächlich dadurch, dass ich ihnen kein Ziel auferlege. In meiner Atelierwerkstatt habe ich eine Fülle an Materialien und Bilder, die mich inspirieren. Ich höre viel Musik beim Malen. Der Rest passiert irgendwie von alleine. Inspiration bekomme ich natürlich auch von anderen Künstlern, Ausstellungen, in der Natur.

Geht es dir im Nachhinein, wenn du vielleicht Jahre später ein Bild von dir betrachtest, dass du Neues entdeckst und assoziierst?
Tatsächlich male ich ja erst seit 2022 so intensiv, dass ich noch nicht von Jahren später reden kann. Was aber sehr spannend war, war der Moment, in dem meine älteren Bilder einen Rahmen von Jörg bekommen haben. Mir war vorher zwar bewusst, dass ein Rahmen einen Einfluss hat, aber ich habe einige Bilder fast nicht wiedererkannt. Und ja, ich entdecke mitunter auch Neues in meinen Bildern. Häufig auch durch die Rückmeldungen der Betrachter:innen. Dinge, die ich erst sehe, wenn ich deren Phantasien höre.

Das war ja ein sehr mutiger Schritt zu sagen, du brichst mit einer erfolgreichen beruflichen Karriere und einem sicheren Lebensrahmen, woher hast du den Mut genommen, einfach neu zu starten.
Gute Frage, woher habe ich den Mut genommen? Mutig war ich schon immer, aber neben dem Mut braucht es Kraft und die hat mir natürlich auch die Liebe gegeben. Jörg hat mich buchstäblich in den Norden gelockt. Und dann die Gewissheit, dass was Neues dran ist, dass der Schritt einfach erforderlich ist. Der Norden selbst, dass Wasser hat mich auch noch bestärkt.

Mit deinem Lebenspartner Jörg hast du dir eine neue Existenz im bildlichen Sinne auf einem Tanzparkett aufgebaut. Er ist Tischler, Tangolehrer und Fotograf. Das klingt nach einer sehr sich gegenseitig inspirierenden Partnerschaft. Jörg fertigt ja individuelle Rahmen für deine Bilder und ist selbst auch Fotokünstler. Wie stark bindet ihr euch gegenseitig in eure kreativen Prozesse ein?
Sehr! Das beginnt morgens schon mit dem ersten Kaffee, dass wir neue Ideen austauschen, dass wir uns unsere Bilder und Fotografien zeigen, uns gegenseitig auf tolle Blickwinkel in der Natur aufmerksam machen.

Und die besondere Würze eures Duos ist der Tango Argentino? Kannst du in einem Satz beschreiben, was diese argentinische Tanzkunst für dich bedeutet?
In Achtsamkeit füreinander und miteinander in der Musik sein.

Jörg – wie bist du vom Tischlern zum Tanzen gekommen, es fängt beides mit dem gleichen Buchstaben an, aber auf den ersten Blick sehe ich nicht so viel Verbindung, muss ja auch nicht, aber vielleicht ja doch? Auf alle Fälle sind wir neugierig, wie du deine Leidenschaft entdeckt hast?
Mit 22 Jahren war ich für ein Jahr in Südamerika und natürlich auch in Argentinen. Dort begegnete mir der Tango musikalisch, an tanzen habe ich damals noch nicht gedacht. Erst Jahre später, nach einem Arbeitsunfall in der Tischlerei, nachdem mir Ärzte keine Heilungschancen mehr geben konnten, bestand die Notwendigkeit meine Bewegungsmuster komplett neu zu denken. Der Argentinische Tango hat mir hier ein großes Feld eröffnet. Fragestellungen wie „Wo ist meine Achse? Wie stehe ich? Wie gehe ich? „Wie drehe ich?“ sind wesentlich für ein gutes Körperbewusstsein und damit auch für die Freude am Tanzen. Dies hat auch mein Arbeiten in der Tischlerei grundsätzlich verändert. Nach der Tangolehrerausbildung kam dann die Ausbildung zum Bewegungspädagogen der Franklin-Methode® hinzu.

Was ist das Besondere am Tango Argentino und vor allem an eurer Art, ihn zu unterrichten?
In unserem Unterricht ist es uns wichtig, den Menschen einen Zugang zu diesem besonderen Tanz zu ermöglichen. Für uns erschließt sich der Zugang über die Wahrnehmung des eigenen Körpers. Tango hat sehr viel mit Achtsamkeit zu tun, mit Wahrnehmung. Ohne Wahrnehmung ist auch eine Veränderung der Bewegungsmuster schwerlich möglich. Wir arbeiten daher viel mit der Basis, dem Gehen und Stehen, den vermeintlich einfachen Dingen. Haben wir hier ein gutes Verständnis dafür entwickelt, sind alle aufbauenden Drehungen und Figuren leichter.

Mein Körper ist wie ein Werkzeug. Verstehe ich seine Funktionsweise und weiß ihn einzusetzen, kann – mal als Tischler gesprochen – das Möbelstück gelingen. Als Tangolehrer sage ich, es kann ein schöner Tanz entstehen.

Besonders ist sicherlich auch, dass du Bewegungspädagoge bist, was für Elemente bringst du hier ein und was macht es mit der persönlichen (tänzerischen) Entwicklung? Ich kann mir vorstellen, dass eine neue Körperwahrnehmung auch eine Menge positiver Nebeneffekte zu körperlicher Fitness, Freude am Tanzen und an der Musik hat? Wie würdest du diese beschreiben?
Ja, ganz genau. Aus der Bewegungspädagogik bringe ich das anatomische Wissen mit, dass wir im Unterricht auch mal mit Anschauungsmaterialien bestücken. Mit diesem Wissen und auch mit Hilfe von mentalen Vorstellungsbildern, wie z.B. „Ich drehe mich wie eine Feder im Wind“ vermitteln wir auf spielerische Art einen Zugang zu unserem Werkzeug „Körper“ und schlagen Brücken zum Tanz. Die Kenntnis von Funktion verbessert die Funktion. Neugier und die Bereitschaft neues zu Lernen sind wesentlich. Was denkst Du, hat die Klobürste oder eine Krücke mit Tango zu tun? Mit solchen absurden Dingen überraschen wir die Teilnehmer immer wieder. Unser Alltag ist ein wahres Trainingsparadies, dies zu entdecken, dazu laden wir die Menschen ein.

Was bedeutet für dich der künstlerische Ausdruck in Form der Fotografie?
Beim Fotografieren halte ich den Film an. Ich offenbare nur einen Bruchteil der Geschichte. Die Betrachter sind eingeladen in Ihrer Phantasie die Geschichte weiter zu spinnen.

In der Schwarzweiß Fotografie befreie ich das Bild von der ablenkenden Farbe. Es wird für mich eine neue Ebene sichtbar, die unter der Farbe liegt. „Welche Geschichte erzählt das Bild?Welche Gefühle werden bei mir angesprochen? Wie geht die Geschichte weiter? Kann ich an Erfahrungen anknüpfen, hat mein Foto eine Seele?“ Das sind Fragen, die mich bei der Suche nach einem Motiv inspirieren.

Zum Schluss noch ein Zitat: „Wenn du Menschen in Farbe fotografierst, dann fotografierst du ihre Kleidung. Wenn du sie in schwarzweiß fotografierst, dann fotografierst du ihre Seelen.“ (Ted Grant)

Vielen Dank für das schöne Gespräch und wir freuen uns auf Eure Ausstellung und den Tango-Workshop!

Bestattungshaus Kaiser