Nicht leicht, jugendlich zu sein
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Fotos: Marwede
Jugendhilfe Uelzen e.V. betreut jugendliche Straffällige
Dreimal erfolgreich gewesen. Dreimal etwas in die Tasche gesteckt und gegangen, ohne zu bezahlen. Doch jetzt ist es schief gegangen. Erwischt. Polizisten sind gekommen, haben eine Anzeige aufgenommen. Ärgerlich? Nein, eine Chance. Eine Chance, dem Abwärtsstrudel zu entkommen. Noch rechtzeitig umzukehren, nicht weiter abzurutschen. Doch wie ist das zu schaffen, droht jetzt doch ein Gerichtsverfahren mit ungewissem Ausgang? Da braucht es Unterstützung und Beratung, denn ins Gefängnis zu gehen, ist keine Option.
Die richtige Adresse ist schnell mit der Dieterichsstraße 33 in Uelzen gefunden. Ein Schild an der Vorderseite des knallbunten Gebäudes zeigt, dass sich hier die Jugendhilfe e.V. befindet, ein Verein, der sich um betroffene Jugendliche kümmert. Sozialarbeiter Daniel Kretzer hat im Laufe seiner zehnjährigen Tätigkeit schon die unterschiedlichsten Fälle erlebt. „Für die straffällig gewordenen Jugendlichen steht eine Sache im Vordergrund: Wie komme ich einigermaßen heil aus der Sache raus?“ erzählt er und gibt einen Weg vor. „Es gilt, den Wiedergutmachungsgedanken und die Motivation zur eigenen Veränderung bei den Jugendlichen zu wecken. Sie haben ein erstes Erfolgserlebnis, wenn sie sich sagen können, dass sie sich bei der Jugendhilfe gemeldet haben, dass sie motiviert werden, wieder zur Schule zu gehen, die Arbeit fortzusetzen, einfach ein gutes Bild abzugeben.“
„Wir versuchen, eine Beziehung zu den Jugendlichen aufzubauen, beleuchten ihr Umfeld, besuchen sie zu Hause, an der Schule, bei der Arbeit und binden, wenn möglich, die Eltern mit ein“, berichtet Sozialarbeiter Jannis Kellmer, ,,denn ambulante Angebote, wie wir sie bieten, haben sich in der Vergangenheit als äußerst positiv erwiesen.“
Eine drohende Arrest- oder Haftstrafe abzuwenden, ist dabei ein Ziel, denn „insbesondere jugendliche Straffällige stecken sich eventuell gegenseitig an oder bagatellisieren ihre Tat und damit ist die Gefahr groß, dass es zu einem Rückfall kommt. Betreuung statt Gefängnisstrafe steht im Vordergrund.“
Die Sozialarbeiter Daniel Kretzer und Jannis Kellmer
kümmern sich um straffällig gewordene
Jugendliche im Landkreis Uelzen.
Die Gerichtsverhandlung vor der Jugendrichterin ist unvermeidbar. Hat sich der straffällig gewordene Jugendliche – die Altersgrenze liegt zwischen 14 und 25 Jahren – bereits im Vorfeld an die Jugendhilfe gewandt, hat er sich eingebracht und gezeigt, dass er an sich arbeiten möchte, kann die Richterin das in ihrem Schuldspruch berücksichtigen. „Bei manchen Fällen sind wir zur Gerichtsverhandlung eingeladen, in wieder anderen Fällen meldet sich das Jugendamt des Landkreises Uelzen bei uns. Der junge Mensch wird nach dem Urteil angewiesen, sich innerhalb einer Vier-Wochen-Frist bei uns zu melden,“ so Daniel Kretzer. Kommt der Kontakt zustande, ist das ein gutes Zeichen, wird nichts daraus, droht eventuell eine Beugehaft in der JVA Verden.
Verurteilt die Jugendrichterin den straffälligen Jugendlichen zu einer Arbeitsauflage – in der Regel zwischen 30 und 40 Stunden – muss er diese ableisten. Dabei hat es sich gezeigt, dass das Arbeiten in der Gruppe am effektivsten ist, wie etwa in der Werkstatt der Jugendhilfe oder bei der Gartenpflege in der Gruppe. Kommt der Jugendliche dieser Auflage nicht nach, wird er von der Jugendrichterin aufgefordert, sich bei ihr zu erklären und erhält gegebenenfalls erneut die Gelegenheit, seiner Auflage zu folgen.
Oft heißt es aber auch: „Ich brauche jemanden zum Reden“. Ob Stress zu Hause oder Hilfe bei einer Bewerbung, die Jugendhilfe springt auch hier ein, betreut den Jugendlichen bis zu neun Monaten im Pflichtzeitraum und freiwillig darüber hinaus. Oftmals bis zu zwei Jahren. Erstmalig wird 2025 außerdem ein sogenannter sozialer Trainingskurs, der 15 Einheiten umfasst, angeboten. Bis zu zwölf Teilnehmer lernen dort zum Beispiel in Übungen mehr über soziales Verhalten.
Gewalt, Drogen, Diebstahl: die Bandbreite der Delikte, die den Jugendlichen vorgeworfen werden, ist groß. „Gewalt ist nicht mehr, aber härter geworden, der Drogenkonsum wird in Teilen bagatellisiert, Diebstahl leicht gemacht,“ sagt Daniel Kretzer. „Es ist nicht immer einfach, heute ein Jugendlicher zu sein.“
Zielgruppe und Kontakt:
Du bist zwischen 14 und 21 Jahren alt und bist vom Uelzener Jugendgericht zu einer Teilnahme an einem unserer Gruppenangebote und Einzelfallbetreuung verurteilt worden? Wir bieten dir Unterstützung in Deiner konkreten Lebenssituation.
Jugendhilfe e.V. Uelzen, Dieterichsstraße 33,
29525 Uelzen, Telefon 0581 70494,
info@jugendhilfe-uelzen.de
Dirk Marwede