Der Schreibtisch von Sandra Hoffmann
Das Thema Gleichstellung ist – für manch einen – so etwas wie der metaphorische „Elefant im Raum“, im Sinne einer Offensichtlichkeit, die ignoriert und übersehen wird. In dem Büro von Sandra Hoffmann findet sich ein unübersehbarer Elefant im Raum: Ein Bild mit einem fröhlichen Dickhäuter an einer ziemlich gelben Wand. Das sei das ehemalige Eltern-Kind-Büro, erklärt sie. Für die Stadt Uelzen, die Verwaltungen, aber auch die Bürgerinnen und Bürger, hat Sandra Hoffmann seit Juli das Amt der Gleichstellungsbeauftragten inne. Und diese Tätigkeit sieht sie als Herausforderung. In vielerlei Hinsicht.
Eine konsequent gleichgestellte Teilhabe aller Menschen in Wirtschaft, Medien, Bildung, Kultur Gesellschaft, Politik, …. „Hinzu kommen die Themen sexueller Missbrauch, Vereinbarkeit von Familie und Beruf, die Mitsprache bei Stellenbesetzungen, Netzwerkarbeit, Aktionstage organisieren und ich will als Ansprechpartnerin erreichbar sein. Mir ist bewusst, was diese Teilzeitstelle beinhaltet“, sagt Sandra Hoffmann. Die 37-Jährige sitzt entspannt in ihrem Büro im Rathaus der Hansestadt, strahlt eine angenehme Ruhe aus und vermittelt den Eindruck, dass sie sehr wohl weiß, worum es bei der Stelle geht. Sandra Hoffmann hält kurz inne. Überlegt und ergänzt: „Als Gleichstellungsbeauftragte bin ich darauf angewiesen, dass die anderen Stellen einen mitdenken, dass die Notwendigkeit begrüßt wird und die Tatsache, dass eine Zusammenarbeit Sinn macht. Und es braucht Mut für Veränderungen.“
Im Rathaus habe sie bislang gute Erfahrungen gemacht. Sie sehe ein hohes Maß an Freiraum. Das sei ihr wichtig. Unbehagen empfindet sie, wenn sie wahrnimmt, dass Menschen die Rolle der Gleichstellungsbeauftragten in Frage stellen und sich gegen Vielfalt und das Recht, so zu leben, wie man es für sich entscheidet, positionieren. „Ich sehe es als meine Aufgabe an, die Themen anzusprechen und gegenzusteuern. Und wenn ich für ein Thema brenne, dann bin ich sehr engagiert.“ Sie lacht: „Nicht, dass ich irgendwen überrenne. Mein Weg ist die Kommunikation.“
Engagement zeigt Sandra Hoffmann auch außerhalb des Rathauses. Und das Thema Gleichstellung hatte sie dabei längst auf dem Zettel. Beispielsweise engagierte sie sich in einer Initiative für Frauen in der Digitalwirtschaft. Und sie schrieb einen Blog für selbstständige Frauen in Hamburg mit regelmäßigen Netzwerktreffen – auch in anderen Städten. „Die Themen Gleichstellung und Chancengleichheit treiben mich an.“ Privat ist sie im Förderverein der Bienenbütteler Bücherei, auch weil sie davon überzeugt ist, dass Literatur allen Menschen zugänglich sein muss, niedrigschwellig. Hierin schwingt natürlich ein Chancengleichheits-Gedanke mit. Und auch ein wenig die Leidenschaft von Sandra Hoffmann zur Literatur und zum Schreiben. Bislang seien es nur Kurzgeschichten. Aber ein Roman sei in Arbeit, verrät sie.
Das Tun „neben der Arbeit“ hat für die Bienenbüttelerin einen hohen Stellenwert. Es habe eine Zeit gegeben, da fehlte dafür schlicht Ruhe und Kraft. Und soweit solle es nicht wieder kommen. „Ich habe gelernt, auf mich und meine Ressourcen zu achten. Ich setze Prioritäten. Bei allem Pflichtbewusstsein ist es mir wichtig zu fragen: Macht mich das glücklich, was ich da tue? Und vielleicht sollten wir uns einfach ab und zu mal Tage gönnen, an denen wir zumindest für einen Moment üben, ein Nichts-Tun auszuhalten.“
Hinter ihr der Elefant. Vor ihr ein großer Schreibtisch und weiße Regalbretter. Sie ist gerade erst eingezogen und möchte ihr Büro noch verändern. Für den Anfang aber passe es schon. „Wenn ich Gespräche führen will, und diese sollen ja vertraulich sein, dann brauche ich schon einen geschützten, angemessenen Rahmen.“ Und mit der Zeit wird sich zeigen, ob der Elefant im Raum bleibt
3 Fragen an Sandra Hoffmann
Was darf auf meinem Schreibtisch auf keinen Fall fehlen?
Eine Flasche Wasser, meine Kladde, in der ich Ideen notiere und mein analoger Terminkalender.
Mein Schreibtisch ist für mich …
ein Ort, an dem ich mich für Geschlechtergerechtigkeit, Vielfalt und Toleranz einsetzen möchte.
Wenn ich einen Wunsch frei hätte:
Was müsste auf meinem Schreibtisch zu finden sein?
Mein Wunsch wäre, dass es meinen Schreibtisch nicht mehr braucht –
und das wäre dann, wenn eines Tages die Stelle nicht mehr notwendig ist,
weil Gleichstellung Realität ist.
INFO:
„Die Bestellung von Gleichstellungsbeauftragten ist notwendig, um den Interessen von Frauen in ihrem unmittelbaren Lebensbereich Geltung zu verschaffen und dem Auftrag unserer Verfassung, tatsächliche Gleichberechtigung herzustellen, gerecht zu werden.“ Diese Einleitung findet sich auf der Seite vom Niedersächsischen Sozialministerium, das auch für Arbeit, Gesundheit und Gleichstellung zuständig ist. Nachdem 1993 ein Frauenbeauftragten-Gesetz verabschiedet wurde, ist dieses 2005 novelliert worden. Laut aktuellem Gleichstellungsgesetz ist die im Ziel formulierte Aufgabe: die Gleichstellung von Frauen und Männern zu verwirklichen, bestehende Benachteiligungen auf Grund des Geschlechts, insbesondere Benachteiligungen von Frauen, zu beseitigen und künftige Benachteiligungen zu verhindern, die Familienfreundlichkeit sowie die Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Berufstätigkeit für die Beschäftigten zu verbessern.